SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Wir müssen das nicht hinnehmen“ Das ist das Motto von Noa Jansma. Sie ist zwanzig Jahre alt und kommt aus den Niederlanden. Einen Monat lang hat sie das dokumentiert, was Frauen rund um die Welt tagtäglich erleben. Sie fotografiert sich selbst mit all den Männern, die ihr auf der Straße hinterher pfeifen und sexuelle Anzüglichkeiten äußern. Diese Fotos stellt sie ins Internet. Ihr Ziel ist es, zwei Botschaften loszuwerden. Die eine richtet sich an all die Männer da draußen, die Frauen auf offener Straße hinterher rufen. Dass diese Zurufe unangenehm und respektlos sind. Die zweite Botschaft richtet sich an die Frauen, denen es auch so geht wie ihr: „Wir müssen das nicht hinnehmen“.

Und damit hat sie wirklich Recht. Viel zu oft habe ich solche Situationen selbst oder bei Freundinnen schon erlebt. Viel enttäuschender finden wir aber die Reaktionen, die wir erhalten, wenn wir uns darüber beschweren: „Ach komm schon, stell dich nicht so an“, „Sei nicht so eine Emanze“ oder „Das tut doch nicht weh“.

Oh doch, ich finde schon: Das tut weh! Es ist verletzend, in aller Öffentlichkeit auf diese Weiseangesprochen zu werden. Es ist zermürbend, als Frau auf Äußeres oder bestimmte Klischees reduziert zu werden. Ich kenne übrigens auchgenug Männer, die genau wie ich genervt davon sind, ständig auf das Geschlecht reduziert und respektlos behandelt zu werden.

Umso beeindruckender fand ich es als Schülerin, im Religionsunterricht von einem Mann zu hören, der sich anders verhalten hat. Ein Mann, von dem ich das damals gar nicht erwartet hätte: Jesus. Ihm ist es völlig egal gewesen, was andere Leute um ihn herum gesagt haben. Ihm ist es auch egal gewesen, dass es sich damals nicht gehört hat, mit Frauen in der Öffentlichkeit zu sprechen. Er hat Frauen genauso wie Männer zu seinem engsten Kreis gezählt. Weil er eben keinen Unterschied gemacht hat zwischen Mann und Frau. Er ist beiden gleichermaßen mit Respekt begegnet.

Und genau das verdient auch jeder Mensch, jeder Mann und jede Frau: Respekt.

Ich finde es wichtig, dass wir uns nicht nur in unseren Familien und Freundeskreisen respektvoll begegnen, sondern auch den fremden Mann oder die fremde Frau auf der Straße freundlich und wertschätzend [A1] behandeln. Ich denke da sofort an die gut gelaunte Kassiererin im Supermarkt um die Ecke; oder den alten Mann, der immer im Café sitzt und den ich jeden Tag freundlich grüße. In solch kleinen Momenten im Alltag macht es so viel aus, wie wir miteinander umgehen. Schon hier kann ich meinem Gegenüber zeigen: Ich nehme dich wahr und habe Respekt vor dir.

Wie gut, dass es mutige Frauen und Männer gibt, die sich in aller Öffentlichkeit hinstellen und sagen: „Wir müssen das nicht hinnehmen“. Männer und Frauen, die sich auf Augenhöhe begegnen, sich gegenseitig die gleichen Chancen in Familie, Beruf und Gesellschaft zugestehen und vor allem eines tun: Sich respektvoll begegnen.


 [A1]Wenn das jetzt noch etwas konkreter würde.  Wie geht das? was machst Du dafür?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25280
weiterlesen...