SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Wie können sich 2 Menschen so Großes versprechen? Ich wundere mich jedes Mal über so viel Vertrauen bei einer Trauung.
„Wo du hingehst, da will ich auch hingehen, wo Du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und Dein Gott ist mein Gott.“

Es bewegt mich, ich bewundere, dass Menschen einander das versprechen können. Solch einfache Worte mit so viel Würde. Heute Nachmittag darf ich eine Trauung gestalten, für die sich zwei junge Leute diese Worte aus dem Alten Testament gewünscht haben. Sie trauen sich ihre Liebe zu für eine lebenslange Partnerschaft, in diesen unübersichtlichen, labilen Zeiten. Ein wenig beschämt mich das auch, als älter, skeptischer gewordener „Partner“. Wenn ich diese zuversichtlichen Gesichter sehe und mir vorstelle, was sich ihrem Versprechen alles in den Weg stellen könnte. Und ich freue mich mit Ihnen, die sich dieses Versprechen gegeben haben und darin gereift und gewachsen sind.

Ich finde, es ist ein echtes Statement. Angeblich verfolgen die Jungen heute ja nur ihre Ziele, es treibe sie hier- und dahin, grad wohin Wünsche, Geld oder Karriere sie ziehen.  Aber da stehen auf einmal diese 2 Menschen, Mitte 30, vor mir und sagen: „Wo du hingehst, will ich auch hingehen, wo Du bleibst, bleibe ich auch.“ Ich wünsche den beiden und Ihnen in Ihren Beziehungen und Ehen, dass Ihnen Ihr versprochenes Leben gelingt.

Übrigens, ursprünglich ist dieser Spruch aus dem Alten Testament kein Trauversprechen. Eine Schwiegertochter verspricht es ihrer Schwiegermutter: Beide sind Flüchtende. Rut und Noomi heißen die zwei Frauen. Haben ihre Männer verloren. Noomi, die Ältere, hat sich erinnert an ihre Wurzeln. Vor einem halben Leben hat sie Israel verlassen müssen. Jetzt hofft sie, dass es dort noch Menschen gibt, bei denen sie Zuflucht finden kann, als alte Frau. Und in diesen Moment, als sie sich ganz allein auf den Weg machen will, sagt Rut, ihre Schwiegertochter, zu ihr: „„Wo du hingehst, will ich auch hingehen.“ Ich lasse dich nicht allein.

Mich bewegt wie die beiden Frauen füreinander einander treu und liebevoll verbunden sind. Und ich denke: Wenn wir diese Frauen auch verstehen, wenn wir mit ihnen fühlen, dann verstehen wir auch, dass Flüchtende mit ihren Ehepartnern oder Geschwistern zusammenleben wollen.
„Wo Du hingehst, da will ich auch hingehen.“

Wie kann es dann sein, dass es Menschen gibt, auch Politiker; aus denen klingt das Wort „Familiennachzug“ wie egoistisches Streben nach Wohlstand. Menschliche Treue ist doch keine Krankheit. Sie verspricht Zukunft. Für Familien, die getrennt wurden und bei einer Hochzeit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25235
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