SWR3 Gedanken

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„Einischkeit und Rescht und Freiheit …“  ich höre sie immer noch singen, die beiden jungen Musiker. Es war beim diesjährigen Tag der Deutschen Einheit in Mainz. Wir saßen nebeneinander beim Festakt und haben der Rede des Bundespräsidenten gelauscht. Dann stehen alle auf und singen die deutsche Nationalhymne. Und während ich mir noch überlege, wie ich das grade finde, höre ich die beiden neben mir laut mitsingen- mit deutlich hessischem Akzent: „Einischkeit und Rescht und Freiheit für das deutsche Vaterland…“

Ganz fröhlich und unverkrampft singen sie das. Dabei sind sie gar keine Deutschen. Sie sind Israelis. Aufgewachsen in Jerusalem. Ihre Eltern sind nach Israel ausgewandert, weil die Generation der Großeltern fast alle umgekommen sind in Auschwitz, Birkenau und all den anderen furchtbaren Lagern.

Und jetzt singen sie die jungen Israeli die deutsche Nationalhymne. Warum? Hab ich sie gefragt. „Weil der Bundespräsident uns versteht.“ Haben sie gesagt. „Wir haben zwei Heimaten. Eine in Israel. Und eine hier, im Rhein-Maingebiet. Wir lieben die jüdische Kultur und Tradition unserer Eltern. Und wir lieben die rheinhessische Lebensart. Wir bewundern eure Gewissenhaftigkeit und Lebensfreude. Und ja- wir würden auch gern in Deutschland leben.“

Mich hat das sehr berührt und ich empfinde es als ein großes Geschenk. Das Vertrauen, das die beiden jungen Israeli uns Deutschen entgegenbringen. Dass sie einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen und mit uns etwas Neues aufbauen wollen. Mit Einigkeit und Recht und Freiheit.

Die gilt ja nicht nur für uns, die wir einen deutschen Pass haben. Sondern für alle, die mit uns in diesem Land leben und arbeiten. Ich hoffe sehr, dass wir ihr Vertrauen nie wieder enttäuschen.

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