SWR3 Gedanken

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„Schau, mein Aua von übermorgen!“ Das sagt meine kleine Tochter Gloria und zeigt dem Opa stolz die neueste Beule am Kopf. Klar, dass der Opa lacht. Und ich gleich mit. Gloria kommt mit Worten wie „gestern“, „letzte Woche“ und „übermorgen“ immer wieder mal durcheinander.

Das würde ich eigentlich gerne können: Jetzt schon so richtig stolz sein, auf das, wo ich mir übermorgen den Kopf anrenne. Es gibt solche Sachen, von denen weiß ich heute schon, dass sie mir morgen wieder passieren. Weil ich mich kenne. Und ich weiß: das wird wieder weh tun. Zum Beispiel, dass ich ständig viel zu viel von mir selber erwarte. Oder dass ich immer wieder auf das schiele, was andere viel besser hinkriegen als ich. Kann sein, dass ich das im Moment grade gut im Griff habe. Aber ich ahne, dass es da demnächst wieder Beulen gibt. Oder wie Gloria sagt: „Auas von übermorgen“.

Gar nicht schlecht, wenn ich meine Macken und Kratzer nicht immer nur verstecken muss, sondern sie – wie Gloria – stolz herzeigen kann. Natürlich nur bei Leuten, mit denen das auch passt. Wenn ich offensiv mit meinen Schwächen umgehe, dann kann ich auch mal drüber lachen. Und dann sind meine „Auas von übermorgen“ auch nur noch halb so schlimm.

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