SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Überall ist von Angst die Rede. Sie durchzieht wie ein scharfer Geruch das Haus der Welt. Unser Land. Unsere Stadt. Jeden Tag lese ich von Gefahren und schlimmen Ereignissen. Sie machen Angst. Und was macht die Angst mit uns?    

Es gibt kein Leben ohne Angst. Es gibt immer etwas, was uns Angst macht. Angst kann ja auch ein Schutz sein. Sie hält mich ab, Dinge zu tun, die mein Leben gefährden.

Aber was zu viel ist zu viel. Wenn ich im Hauptbahnhof einen Menschen anspreche und spüre, der bleibt aus Angst nicht stehen, dann frage ich mich, wohin uns die Angst führt. Wenn keiner sich kümmert, wenn einer um Hilfe ruft, oder im Bus niemand sich neben einen offensichtlich Fremden setzt, dann erschrecke ich. Angst macht Menschen abweisend und unmenschlich.

Natürlich habe auch ich Angst. Aber ich will nicht, dass sie über mich bestimmt. Dabei helfen mir Menschen, die sich nicht einschüchtern lassen von der Angst. Die mit Fremden reden, die Auskunft geben und weiterhelfen.

So ein Mensch war auch Jesus. Ich würde nicht sagen, dass Jesus keine Angst gehabt hat. Aber ich glaube, er war mutig. Es war ihm wichtig, dass er sagt, was er für richtig hält und dass getan wird, was den Menschen hilft. Er wusste, dass er untrennbar verbunden war mit Gott.

Kein römischer Soldat, kein Verräter aus der eigenen Gruppe, kein Verführer zu Reichtum und Größenwahn konnte ihn einschüchtern. Woher hat er die Kraft genommen? Wie konnte er der Angst die Stirn bieten? Es wird erzählt, dass Jesus sich immer wieder zurückgezogen hat. Er hat die Stille gesucht. Er hat sich Zeit genommen alleine zu sein. Er hat gebetet und hat mit Gott gesprochen, wie mit einem Freund oder einem guten Vater.

Auf der anderen Seite hat ihm die Freundschaft mit seinen Weggefährten den Rücken gestärkt. Und was ich für besonders wichtig halte: Er war davon überzeugt, dass sich etwas ändern kann in der Welt. Dieser Traum war stärker als die Angst. Sie hat ihm Kraft gegeben, sich dafür einzusetzen: dass Menschen fair miteinander umgehen, dass sie einander vertrauen können und gerechte Verhältnisse schaffen. Damit die Welt so wird, wie Gott sie haben will. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25204
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