SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Jakob hat einen Traum: Er sieht eine Leiter, die in den Himmel führt. Engel steigen darauf auf und nieder. Und er sieht sich selbst am Fuß dieser Leiter und Gott unmittelbar in seiner Nähe.[1] So berichtet die Bibel im Buch Genesis, dem ersten im Alten Testament.

Jakob befindet sich in einer schwierigen Lage. Er fürchtet die Rache des Bruders, den er betrogen hat. Deshalb ist er auf der Flucht. Er läuft weg von daheim und befindet sich nun auf fremdem Terrain. Diese doppelte Gefahr beschäftigt ihn sehr. So sehr, dass sie ihm auch beim Schlafengehen keine Ruhe lässt. Er grübelt nach, wie wohl alles für ihn ausgehen wird. Und weil er ein gläubiger Mensch ist, spielt auch die Frage eine Rolle, ob Gott zu ihm hält, an seiner Seite bleibt. Oder ob er ihn verstößt. Bis hinein in seine Träume verfolgen Jakob diese offenen Fragen.

Eine Nachts begegnet ihm da die besagte Himmelsleiter. Sie verbindet die Welt des Menschen mit Gott. Interessant ist, dass sich dabei in Jakobs Traum eine doppelte Bewegung abspielt. Es ist nämlich nicht nur so, dass Gott ihm etwas mitteilt, sich sozusagen zu ihm herab lässt. Nein, Jakob selbst kann sich auf den Weg machen, und der Himmel steht ihm dazu als Ziel offen. Zwischen Erde und Himmel findet ein Hinauf und Herab statt, ein Kommen und Gehen. Es gibt Aktivität auf beiden Seiten. Das ist ein schönes Bild für den Glauben, für das, was sich abspielt, wenn wir Menschen uns auf die Suche nach Gott begeben. Es kommt darauf an, selbst etwas zu unternehmen. Und gleichzeitig kommt Gott auf uns zu, ohne dass wir etwas tun. Wenn der Verkehr auf der Leiter gut funktioniert, dann kann das helfen, unser Leben zu meistern.

Bei Jakob jedenfalls war es so. Er will wissen, wie seine Zukunft aussieht. Im Traum erfährt er, dass sein Weg gesegnet ist, wenn er sich an Gott hält. Also mit ihm den Kontakt sucht. Dazu muss Jakob prüfen, ob das, was er denkt und plant, dem entspricht, was Gott von einem guten Menschen erwartet. Und gleichzeitig muss er damit rechnen, dass Gott seinerseits die Initiative übernimmt und in sein Leben eingreift. Dann kommt es darauf an, dass Jakob das nicht übersieht.

Am Morgen nach seinem Traum weiß Jakob: Gott lässt ihn nicht fallen. Sein Segen liegt fest auf ihm. Auch in Zukunft. In der Bibel steht dieses Beispiel, damit jeder Mensch weiß: Die Leiter zwischen Himmel und Erde steht allen offen.



[1] vgl. Gen 28,12ff.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25182
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