SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

12NOV2007
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„Beten Sie?“ Meine Schüler fragen meist ziemlich direkt. Genauso direkt und selbstverständlich antworte ich „Ja.“
Und dann kommen die Klischees: „Beten Sie also vor jedem Essen? Gehen Sie in die Kirche?“ Und ich gestehe: „Nein! Ich bete auf dem Fahrrad. Wenn ich morgens in die Schule radle. Dann ist alles noch dunkel und ruhig. Der Radweg ist frei. Der Weg erfordert kaum Aufmerksamkeit. Ich habe eine dreiviertel Stunde Zeit. Weil ich nicht schnell fahre. Zeit für mich und für Gott. Keine Floskeln. Ich erzähle was am Vortag war, was mich aufgeregt hat, was mich gefreut hat und ich stelle Fragen. Ob ich gerecht zu meinen Schülern war als ich gestern den Test geschrieben habe. Ob ich mir genug Zeit für unsere Kinder genommen habe.
Ich erwarte keine Antworten. Aber ich bekomme dennoch einen klareren Kopf. Und das hilft. Ich habe auch schon beim Beten geflucht. Weil ich nicht verstehe warum unsere Kleine die ganze Nacht gehustet hat. Weil kein Gott auf dieser Welt ein Kind die ganze Nacht so quälen würde. Auch darauf bekomme ich keine Antwort. Und fühle mich dennoch erleichtert. Weil ich fest daran glaube, dass Gott mich auch ohne Antwort hört. Meine Sorgen und Bedenken ernstnimmt. Das ist für mich Beten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich bin froh, dass ich diese regelmäßige Zeit auf dem Fahrrad habe, die ruhige und stille Umgebung. Denn das erleichtert es mir, meine Gedanken für Gott zu öffnen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2518
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