SWR3 Gedanken

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Bin ich ein Spießer? Das hab ich mich bei folgender Begebenheit gefragt: An einem Sonntag liege ich liege bei schönstem Sommerwetter im Garten, genieße die Ruhe und lese. Bis ein Rasenmäher mich aus meiner Ruhe reißt. So ein richtiger lauter Benzin-Rasenmäher. Und weil er in nächster Nähe dröhnt, steig ich aus meinem Liegestuhl um zu schauen, wer diesen Lärm macht. Ich brauch nicht lange. Gegenüber ist ein Mietshaus, in dem ausnahmslos Menschen wohnen, die nicht in Deutschland geboren sind. Ein Spanier, ein Kurde und 3 Familien, die aus Russland stammen. Und einer aus den russischen Familien ist der Mann mit dem Mäher. Ein sympathischer, junger Familienvater, der erst mal den Motor ausschalten muss, damit wir uns sprechen können. Trotz meiner Genervtheit bin ich freundlich, weil ich ihn, seine Frau und seinen kleinen Sohn mag. Und bitte ihn doch sonntags keinen Rasen zu mähen. Ich versuche ihm auch klarzumachen warum, indem ich ihm erkläre: „Wissen Sie, wenn alle Tage gleich sind, dann sind auch alle Tage gleich laut. Und wir haben in Deutschland eine sehr sinnvolle Tradition, dass der Sonntag ein anderer Tag ist als der Werktag. Ein Tag, an dem man sich erholen kann, auch vom Lärm des Alltags erholen kann.“ Ich merke, dass ihm das ziemlich fremd ist, er lässt den Rasenmäher aber trotzdem aus. Ich bedanke mich und gehe mit eben dieser Frage nach Hause: „Bin ich jetzt ein Spießer?“ In der wieder eingekehrten Ruhe denke ich auf meinem Liegestuhl darüber nach und komme zu dem Ergebnis: Nein. Ein Spießer hätte auf das Gesetz verwiesen oder die Polizei angerufen. Und einem Spießer ist auch nicht an der Integration von Menschen gelegen, die nicht in Deutschland geboren sind. Mir schon, auch wenn ich mit dieser Geschichte die Erfahrung gemacht habe, dass zur Integration auch mal ein Nein gehört…

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