SWR3 Gedanken

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„Alle W-Fragen tun weh.“ Das hat mir vor kurzem ein Mensch gesagt, den ein Schicksalsschlag getroffen hat. Stimmt das? Ich meine schon. Weil ich auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht habe, kann ich das sagen und es wagen diesen Satz zu durchdenken und zu durchfühlen. Dass alle W-Fragen weh tun, nach einem Schicksalsschlag. Als erstes das Wer. Wer war alles daran beteiligt? An der Gewalttat, dem Betrug, dem Unfall? Wer ist die Frau, mit der mein Mann geschlafen hat? Beim Wer kann weh tun zu wissen, wem ich nicht vertrauen konnte. Oder was der oder die andere hat, das ich nicht habe. Auch die Frage nach dem Wann tut weh. Wo war ich gerade als es passiert ist? Beim Unfall, dem Anschlag, dem Unglück, dem Infarkt? Dass ich weg war, nicht dabei war, nicht eingreifen, nicht helfen konnte und ich weiß Gott was getan habe als es passiert ist, tut weh. Wie auch das Wo und Wie. Sich die Details vorzustellen, den Ort oder die Art dessen was dem geliebten Menschen widerfahren ist oder mir durch ihn geschehen ist, tut weh. Und schließlich die schlimmste der W-Fragen bei einem Schicksalsschlag: Warum. So sinnlos wie brennend. Immer und immer wieder die Frage nach dem Grund, nach dem Sinn dessen was passiert ist. Die oft mit Schuldgefühlen zu tun hat. Hätte ich es verhindern können? Was hab ich dazu beigetragen? Musste das geschehen? Musste sie das tun? Sich antun? Mir antun? Die Frage nach dem Warum ist der schmerzlich menschliche Drang verstehen zu wollen was im Letzten nicht zu verstehen ist. Ja, diese W-Fragen tun furchtbar weh und kommen zu all der Last eines Schicksalsschlags hinzu. Wir können es nicht lassen zu fragen. Wir können die Fragen nur kommen lassen. Und gehen lassen. So lange sie kommen müssen. Immer wieder kommen, aber auch gehen lassen. Bis sie irgendwann weniger werden und ausbleiben. Und sich von selbst erschöpfen. In die Antwort hinein, dass es auf diese Fragen keine Antwort gibt. Und man sie dann auch nicht mehr braucht…  

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