SWR2 Wort zum Tag

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Ich wollte ein neues Mobiltelefon – nur zum Telefonieren. Da hat mich die Verkäuferin angelächelt und gesagt: „Aber ein Fotoapparat muss schon dabei sein!“ Merke: Ohne Bilder geht nichts.
Das alte Bilderverbot der Bibel liest sich da seltsam altmodisch. Es verbietet nämlich ganz umfassend bildliche Darstellungen. Im Wortlaut: „Du sollst dir kein Gottesbild anfertigen. Mach dir kein Abbild von irgendetwas im Himmel, auf der Erde oder im Meer.“ (Deuteronomium 5,8)
Alle drei großen monotheistischen Religionen kennen ein Bilderverbot: Das Judentum, das Christentum und der Islam. Was aber sind die Wurzeln dieses Verbotes? Offensicht-lich unterstreicht das Bilderverbot vor allem das Verbot, fremde Götter anzubeten. So erzählt das Alte Testament häufig von den Götterstatuen fremder Götter. Und vom Kampf etwa der Propheten dagegen. Warum aber darf auch von Jahwe, dem einzigen Gott Israels, kein Bild gemacht werden? Du sollst dir kein Gottesbild machen, heißt: Achte die Unvergleichbarkeit Gottes. Denn jedes Bild legt fest, zeigt eine bestimmte Blickweise. Gott aber ist der Andere, der, der mehr ist als ein Bild sagen kann.
Das Bilderverbot schützt allerdings nicht Gott, sondern den Menschen. Es schützt den Menschen davor, nur ein Bild Gottes zu haben. Das Bilderverbot sagt: Fixiere dich nicht in deiner Gottesvorstellung auf bestimmte Bilder, auf Eigenschaften oder Fähigkeiten Gottes. Denn Gott ist mehr, als Menschen sich ausdenken können. Im Christentum ist das Bilderverbot allerdings nicht mehr absolut. Der Grund: Christen glauben, dass Gott in Jesus Christus sozusagen sichtbar wurde. Doch der Grundgedanke des Bilderverbotes blieb auch im Christentum lebendig: Die Idee, dass die Vorstellung von Gott offen gehal-ten werden muss.
Auf der gleichen Linie liegt die totale Bilderskepsis der Bibel: „Mach dir kein Abbild von irgendetwas im Himmel, auf der Erde oder im Meer,“ heißt es in den Zehn Geboten. Die Idee dahinter: Alle Bilder schränken ein, engen ein, legen fest. Aber Menschen, die Na-tur, die Welt verändern sich. Und Bilder fangen diese Veränderung nicht ein. Fangen auch nicht ein, dass jeder Mensch mehr ist als die Summe seiner Bilder.
Das Bilderverbot ist ein starkes Verbot. Nicht, weil es etwas verbietet, sondern weil es eine Chance eröffnet. Es will den Blick auf Gott und die Welt offen halten, will dazu er-muntern, die Bilder zu überwinden. Es lädt ein, zum Kern des Gesehenen vorzustoßen. Sich nicht an der Außenseite, dem Sichtbaren festzuhalten. Das Bilderverbot legt so eine gesunde Skepsis vor den Bildern nahe, die uns Tag für Tag begegnen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2515
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