SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Warum lachen junge Leute heute oft nicht mehr? In einer Bäckerei bin ich unlängst in eine heftige Debatte über diese Frag geraten. Ausgelöst hat die Diskussion ein junger Mann: Er steht vor mir an der Theke. Und sagt kein Wort. Er zeigt nur, welche Sorten Brötchen er haben will. Dann geht er wortlos davon. Die Verkäuferin spricht mich an. „Warum reden die jungen Leute nicht mehr? Und warum lachen sie nicht mehr?“ In mir meldet sich Widerspruch. Ich denke an das Lachen vieler junger Leute. Auch an das meiner Kinder. Da spricht die Verkäuferin schon weiter. „Das liegt an den Handys. Die sprechen ja gar nicht mehr miteinander. Und telefonieren nur noch.“

Ehe ich etwa sagen kann, mischt sich eine andere Kundin ein. „Das gilt doch nicht nur für die Jungen,“ sagt sie. „Das gibt es in jedem Alter. Wir haben alle zu viel. Das Leben ist einfach zu kompliziert.“ Und schon sind wir mitten in einem spannenden Gespräch. Das mit dem komplizierten Leben leuchtet mir ein. Sicher, früher war auch nicht alles einfach. Aber unser Leben heute ist irgendwie mehr verdichtet. Und das Tempo ist gefühlt immer schneller.

Ich weiß nicht sicher, worüber sich die Verkäuferin wirklich geärgert hat. Vermutlich vor allem darüber, dass der junge Mann mit ihr nicht geredet hat. Das muss aber nicht einfach nur daran liegen, dass er ein Morgenmuffel ist. Vieleicht steht er wirklich unter einem heftigen Druck. Studium. Examen. Keine Stelle. Das Leben ist ganz schön kompliziert. Und dass das Leben einfacher werden soll, diesen Wunsch höre ich in letzter Zeit tatsächlich verstärkt.

Eine Seligpreisung fällt mir ein. Keine die in der Bibel steht, sondern eine Liedzeile, die gut zu den biblischen Seligpreisungen passt: „Selig seid ihr, wenn ihr einfach lebt.“ Lange habe ich gedacht, beim einfachen Leben geht’s vor allem um weniger Energieverbrauch. Weniger Wasser. Und mehr Natur. Heute denke ich oft, beim einfachen Leben geht’s darum, das Leben überhaupt einfacher zu gestalten. Weniger in den Tag hineinzustopfen. Mir mehr Zeit zu nehmen für eine Beziehung, für ein Gespräch.

Als ich den Bäckerladen verlasse, kommt mir ein junger Mann entgegen. Ich lächle ihn an. Er lächelt freundlich zurück. Ganz so schlimme ist es also noch nicht, denke ich. Gottseidank! Und ich hoffe, er hat die Verkäuferin auch angelächelt. Und mit ihr gesprochen.

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