SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Wir haben die Wahl. Ich und Sie. Wenn Sie in Baden-Württemberg wohnen und evangelisch sind. In dieser Woche und vor allem morgen sind in Baden und Württemberg Kirchenwahlen. Mehr als 10000 Frauen und Männer sind bereit, sich wählen zu lassen. Sind bereit, sich in den kommenden Jahren zu engagieren und wollen den Weg der evangelischen Kirchen in die Zukunft mitbestimmen.
Auf den ersten Blick ist das vielleicht nichts Besonders. Aber es ist jedenfalls alles andere als selbstverständlich, finde ich. Und zwar in mehrfacher Hinsicht.

Ich finde zum einen ist es ein erstaunlich positives Zeichen für den Zustand unserer Zivilgesellschaft. Dass so viele Menschen bereit sind, öffentliche Verantwortung zu übernehmen. Es wird ja oft beschworen, wie wichtig die Zivilgesellschaft sei, der öffentliche Raum zwischen Privatsphäre und Staat. In Sonntagsreden kann man hören, dass zivilgesellschaftliches Engagement in Zukunft sogar immer wichtiger wird. Je mehr sich der Staat zurückzieht, sich auf so genannte Kernaufgaben beschränkt.
Auch diese Wahl morgen zeigt: Es gibt sie also nicht nur in Reden, die Zivilgesellschaft.
Es gibt Menschen, die bereit sind, sich in Politik, Kultur, Sport, im sozialen und im religiösen Bereich freiwillig zu engagieren. Und das auf verlässliche Zeit.

Ich finde es zum zweiten auch nicht selbstverständlich, dass es solche demokratische Kultur
in einer Religionsgemeinschaft gibt. Der zukünftige Weg der Evangelischen Kirchen, auch der geistliche Weg, wird nicht allein von theologischen und juristischen Fachleuten und
Finanzprofis bestimmt. Sondern von „normalen“ Christenmenschen.
Ich gebe zu, ich bin ein bisschen stolz auf diesen Impuls der Reformation. Martin Luther hat
die erstaunliche Vorstellung in die Welt gesetzt, dass geistliche und priesterliche Kompetenz nicht auf einen kleinen exklusiven Kreis von Männern begrenzt werden kann. Sondern, dass diese Kompetenz entgrenzt ist und darum zu entgrenzen auf das ganze Kirchenvolk, durch Bildung. Zu demokratisieren.
So wie es in den visionären Worten der Bibel anklingt:
„Ich will allen Menschen meinen Geist geben. Eure Söhne und Töchter werden aus göttlicher Eingebung reden, eure jungen Männer werden Visionen haben und die alten Männer bedeutungsvolle Zukunftsbilder.“
Zugegeben, im Vergleich zu dieser großen Vision ist wählen gehen ein kleiner Beitrag.
Aber für die Kandidaten ist es wichtig, hat mir eine gesagt:
„Für uns ist es wichtig zu sehen, wie unsere Gemeinden Interesse haben an unserer Arbeit, dass sie bereit sind uns zu unterstützen, auch zu Hause ganz still in der Fürbitte und in Gedanken.“
Wir haben die Wahl – morgen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=2509
weiterlesen...