SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Rabbi, Imam, evangelische Pfarrerin und katholischer Pfarrer an einem Tisch.

Das gibt es alle zwei Monate bei uns in Emmendingen. Mit dabei sind auch noch andere Mitglieder der jeweiligen Gemeinden. Normalerweise findet das Treffen in einer vertrauten Runde statt. Wir kennen uns inzwischen gut. Aber vorletzten Sonntag haben wir öffentlich eingeladen. Wen es interessiert hat, der konnte erfahren: Welche Rolle spielt die Religion im Leben der Einzelnen.

Am Ende des Abends ist Platz für Fragen. Es meldet sich eine Frau, die vor einigen Jahren zum Islam übergetreten ist. „Ich finde es toll“, sagt sie, „wie gut sich die Vertreter der unterschiedlichen Religionen verstehen. Aber ist es nicht so, dass jede Religion für sich in Anspruch nimmt, die einzig wahre zu sein? Muss ich daher nicht versuchen, den anderen von meiner Religion zu überzeugen?“

Die Frau spricht aus, was mich schon lange beschäftigt: Welche Haltung nehme ich als Christ gegenüber anderen Religionen ein? Und wie kann ich diese mit meinem eigenen Glauben vereinbaren? Ich bin von meiner eigenen Religion überzeugt. Aber trotzdem widerstrebt es mir, mich nur oberflächlich tolerant zu geben, dann aber im Stillen zu denken: letztlich hab doch ich Recht und du liegst falsch.

Ich habe mich viel mit anderen Religionen befasst, vor allem mit dem Islam. Ich kenne Muslime, deren Art zu glauben mich beeindruckt. Deshalb könnte ich nie sagen, dass nur mein Glaube richtig ist. Im Islam gibt es den Ausspruch Allahu akbar. Wörtlich übersetzt heißt das: „Gott ist größer“. Mit Allahu akbar ruft der Muezzin die gläubigen Muslime zum Gebet. Wir kennen diesen Satz leider aus anderen Situationen: Islamistische Attentäter rufen ihn bei einem Terroranschlag aus. Es gibt diesen Ausspruch in ähnlicher Weise auch in der christlichen Theologie und zwar auf Latein „Deus semper maior.“ - „Gott ist immer größer.“

Egal ob arabisch oder lateinisch: dieser Gedanke hilft mir, weil ich selbst die Unterschiede zwischen meiner und den anderen Religionen nicht auflösen kann. Aber ich bin überzeugt, dass Gott größer ist. Größer als wir alle ihn uns denken können.

Ich glaube an einen größeren Gott. An einen, der in unsere Herzen sieht. Der mich sieht, wie ich versuche so gut ich kann, auf ihn zu vertrauen und mein Leben gut zu leben. Und ich bin fest davon überzeugt, dass das auch für andere gilt. Gott ist groß genug, genauso liebevoll und barmherzig auf meine jüdischen und islamischen Bekannten zu sehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25079
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