SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Den werd ich mal ins Gebet nehmen – diese Redewendung ist mir aus Kindertagen noch vertraut. Jemanden ins Gebet nehmen, das heißt ihm eindringlich zureden, etwas zu tun oder zu lassen oder auch jemanden zu ermahnen. In diesem Sinne wollte ich nie ins Gebet genommen werden. Aber: jemanden ins Gebet nehmen bedeutet ja auch noch etwas anderes. Der Apostel Paulus schreibt an seinen Schüler Timotheus:

„Vor allem fordere ich zu Bitten und Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung auf, und zwar für alle Menschen, auch für die Herrscher und für alle, die Macht ausüben,…“

(1 Tim 2,1-2)

Bitte, Fürbitte und Danksagung – das sind schon die Gebetsformen, die mir vertraut sind. In der Regel denke ich in meinem persönlichen Gebet  an meine Anliegen und an die Menschen, die zu mir gehören, meine Familie, Freunde und Bekannte – ja auch an die Menschen in der Gemeinde in der ich arbeite. Ich nehme sie gerne mit hinein in mein Gebet und empfehle ihre Anliegen Gott. Der Apostel Paulus geht aber noch einen Schritt weiter. Er fordert zum Gebet für alle Menschen auf, besonders auch zum Gebet für die, die Macht haben und herrschen. Donald Trump oder Herrn Erdogan würde ich ja ganz gerne mal ins Gebet nehmen. Ihnen so richtig die Meinung sagen und ihnen einige Ratschläge mit auf den Weg geben, wie sie mit ihrer Macht umgehen sollten. Aber die Chance werde ich wohl kaum bekommen. Auch Frau Merkel und Herrn Schulz und andere Politiker werde ich wohl nicht persönlich zu sprechen bekomme. Oft geben sie mir ja das Gefühl von Hilflosigkeit: Herrn Trump und Herrn Erdogan kann ich eh nicht ändern und einige politische Äußerungen auch in unserm Land machen mir eher Angst. Sie persönlich ins Gebet zu nehmen, das wird nicht klappen. Aber sie mit ins Gebet zu nehmen, wie der Apostel Paulus fordert, das kann ich schon tun. Und wenn ich diese Menschen dann mit ins Gebet nehme, dann muss ich mich von meiner Vorstellung verabschieden, dass ich ja sowieso nichts ändern kann. Denn: ich vertraue ja auf die Kraft des Gebetes! Im persönlichen fällt mir das leicht – auf weltpolitischer Ebene bin ich da viel kleingläubiger und verzagter. Aber ich werde es in den kommenden Wochen mal ausprobieren mit meinem persönlichen Gebet für die Mächtigen, besonders für die, mit denen ich mir schwer tue.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25016
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