SWR3 Gedanken

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Christian ist Elektriker und hat einen eigenen Betrieb. Seit ein paar Wochen macht Tarik aus Afghanistan ein Praktikum bei ihm in der Firma.

Jetzt gerade ist Tarik mit seinem Kollegen Marc bei einem Kunden im Haus und verkabelt den Neubau. Christians Handy bimmelt - eine WhatsApp vom Hausbesitzer. „Sieh zu, dass der Flüchtling aus meinem Haus kommt.“

Wie bitte? Christian kann es erst mal gar nicht glauben. Wirklich, da steht: „Sieh zu, dass der Flüchtling aus meinem Haus kommt.“

Christian ruft sofort bei den Jungs an. Er sagt nicht viel, nur: „Raus da. Und nicht erst fertig arbeiten, einfach abhauen jetzt.“

Christian ärgert sich maßlos. Er erfährt später, dass die Frau des Kunden schon als Marc und Tarik zur Tür reingekommen sind, komisch reagiert hat. „Marc, du bist dafür verantwortlich, wenn hier nachher was fehlt.“ Dann hat sie also ihrem Mann Bescheid gesagt und der hat sich bei Christian gemeldet. Per WhatsApp. Er hatte nicht mal den Mumm anzurufen. Schnell so eine Nachricht zu tippen, ist einfacher.

Es will mir einfach nicht in den Kopf, wie man so denken kann. Es zählt überhaupt nicht, wer Tarik ist, dass er Mensch ist. Dass er arbeitet und mit seinem Kollegen einen guten Job macht. Was für diese Leute zählt ist, dass er anders aussieht, anders spricht und nicht von hier kommt. So einer kommt mir nicht ins Haus.

Ich bin ehrlich entsetzt. Und ich bin so froh über jeden Menschen wie Christian. Der Leuten eine Chance gibt und sich freut, wenn er neue Mitarbeiter hat. Der „herzlich Willkommen“ nicht nur sagt, sondern auch lebt.

Und der sich von Kunden nicht diktieren lässt, wer bei ihm einen guten Job macht. Dieser Kunde jedenfalls kann sich einen anderen Elektriker suchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24914
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