SWR2 Wort zum Tag

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„Kleider machen Leute.“ Das klingt wie eine Verheißung: Mit Kleidung kann ich zeigen, wer ich bin. Einzigartig individuell und sozial zugehörig. Kleider markieren Identität. Wer ich bin und wo ich dazugehöre.

Im Christentum gibt es dieses „Kleider stiften Identität“ auch. Mit einer überraschenden Pointe. Es gibt ja den Brauch, Täuflingen bei der Taufe ein weißes Kleid anzuziehen. Zum Zeichen einer neuen Identität. Diese hat der Apostel Paulus so beschrieben:

Ihr seid jetzt nämlich alle Kinder Gottes. Denn ihr alle, die ihr getauft worden seid und dadurch zu Christus gehört, habt Christus angezogen. Das Taufkleid zeigt „ihr habt Christus angezogen.“

Der Täufling wird in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen. Die Taufe stiftet neue Identität, indem sie soziale, kulturelle und Geschlechteridentitäten nivelliert, schöner gesagt, überbrückt. Das macht Paulus ganz klar. Was in seiner Zeit Menschen unüberwindlich voneinander getrennt hatte, das wird in eine neue christliche Identität eingekleidet.

Es spielt darum keine Rolle mehr, schreibt Paulus, ob ihr Juden seid oder Griechen, unfreie Diener oder freie Menschen, Männer oder Frauen. Denn durch eure Verbindung mit Christus Jesus seid ihr alle wie ein Mensch geworden.

Gleich auf drei Feldern, stiftet das Christentum Gemeinschaft. Auf dem der Religion: jüdische, griechische, römische, arabische Menschen gehören im Christentum zusammen, auf dem Feld des Sozialen: Sklaven und Freie gehören zusammen und auf dem Feld der Geschlechter: Männer und Frauen werden in der Taufe gleichwertig. „Wie ein Mensch“ schreibt Paulus. Die Taufe überbrückt Identitäten, mit denen Menschen sich abgrenzen. Wer einmal das Taufkleid an hatte und das ernst nimmt, für den sind trennende Identitätsmarker sekundär. Dieser Gedanke trifft mitten hinein in die Identitätskonflikte, die heute wieder heiß geredet werden:

Es gibt keinen unchristlicheren Satz als den von der angeblichen Herrschaft des weißen christlichen Mannes. Und die drei Felder des Paulus, seine Reihe ist nicht abgeschlossen. Man kann und muss sie fortschreiben. Was er schreibt gilt auch für Rassen, Nationen: da ist nicht schwarz noch weiß, nicht Deutscher und Äthiopierin, da ist nicht hetero- und homosexuell: Da ist Gemeinschaft im Glauben an Jesus Christus. Wer ein Taufkleid anhatte, für den sind Identitäten sekundär, im Christentum sind sie überkleidet. Man kann sie überwinden. Ich meine sogar: Auch verschiedene Religionen schaffen keine unüberbrückbaren Identitäten. Da sei Gott vor, aus dem alle leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24910
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