Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Manche Leute haben echt Pech. Ich habe im Krankenhaus eine Frau kennengelernt, in meinem Alter, die nach einer schweren Krebserkrankung noch alle möglichen weiteren Krankheiten bekommen hatte. Jetzt ist sie auf den Rollstuhl angewiesen und weitgehend ans Bett gefesselt. „Das wird nichts mehr“, hatte mir die Ärztin gesagt. Der Patientin war es auch klar. „Ich will einfach gern noch ein bisschen leben“, erklärte sie mir; trotz der eingeschränkten Situation hat sie noch Lebensmut.

Zuhause der Garten voller Sonnenblumen, Rittersporn und Kapuzinerkresse, den will sie gern nochmal sehen. Klingt nach Paradies, deshalb fragte ich sie: „Glauben Sie denn, dass nachher noch was kommt?“ Mit der Frage hatte sie sich natürlich auch schon beschäftigt: nein, sie glaubt, mit dem Tod sei alles vorbei. Deshalb will sie auch so lang wie möglich auf der Welt bleiben, egal, unter welchen Umständen.

„Glauben Sie denn, dass noch was kommt“? fragte sie mich.

Ja, auf jeden Fall glaube ich das. Und wenn ich ein Bild dafür suche, dann ist es das von der Raupe und dem Schmetterling. Mein Leben hier auf der Welt vergleiche ich mit dem Leben der Raupe: auf der Erde herumwuseln, essen, trinken, schlafen, arbeiten, Dinge erledigen: aus himmlischer Perspektive sieht das, was der Mensch so macht, bestimmt nicht so großartig aus wie wir selbst manchmal meinen.

Dann kommt das Ende. Die Raupe spinnt sich ein, der Mensch stirbt.

Aus dem Kokon steigt zur richtigen Zeit ein Schmetterling auf und schwingt sich in die Lüfte. Soll es nicht beim Menschen mit Gottes Hilfe ähnlich sein? Dass Gott uns erhebt zu einer ganz neuen Existenz in seiner Gegenwart?

Ich glaube das.

Es steht auch so in der Bibel.

Und die Frau denkt noch darüber nach.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24898
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