SWR3 Gedanken

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„Du bist eigentlich ein Kummerkasten!“ Markus schaut mich fröhlich an. Genau, sage ich, ich bin sozusagen ein wandelnder Kummerkasten auf zwei Beinen.

Markus und ich begegnen uns öfters morgens mit unseren Hunden. Irgendwann hat er erfahren, dass ich Pfarrerin bin. Seitdem will er es wissen. Du siehst gar nicht aus wie ein Pfarrer, war sein erster Kommentar. Dann ging er ran: Was macht eigentlich ein Pfarrer den lieben langen Tag? So außer Sonntagsmorgen, wo er Gottesdienst hält?

Dann überlegen wir gemeinsam: Gottesdienste aller Art – klar. Taufen, Trauungen, Beerdigungen – auch klar. An den ReliUnterricht in der Schule erinnert er sich noch. KonfiUnterricht auch. Kinderkirche und Seniorennachmittage – davon weiß er nichts. Dass zu unserer Kirchengemeinde auch ein Kindergarten und eine Bücherei gehören, auch nicht. Dass ich Menschen besuche oder sie zu mir ins Pfarrhaus kommen, findet Markus hingegen interessant. Nicht nur alte Leute? Echt? Alle möglichen Leute mit Problemen? Weil sie traurig sind, weil sie etwas auf dem Herzen haben oder weil es im Leben gerade nicht so läuft, wie es soll? Und wo triffst du die? will er wissen. Eigentlich überall, sage ich: im Supermarkt zwischen Konserven und Kühltheke zum Beispiel. Da erzählt mir eine Frau von ihrer immer dementer werdenden Mutter; oder ich bin gerade beim Tanken und ein Mann kommt zu mir und berichtet verzweifelt von seinem drogenabhängigen Sohn.
Beeindruckt hört Markus zu. Und dann kommt sein Urteil: „Also eigentlich bist du ein Kummerkasten.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24884
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