SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Religion hat das Potential, unter uns Menschen Frieden zu stiften. Doch mitunter macht sie das Gegenteil. Mit einem guten Freund zusammen hatte ich die Chance, das „Heilige Land“ zu besuchen. Jenen eigentlich recht kleinen Landstrich zwischen Jordan und Mittelmeer, der die Geschichte unserer Zivilisation so wesentlich geprägt hat und dies bis heute tut. Wir durften das süße Leben am Ufer des Mittelmeers genießen und fuhren durch die grünen Hügel von Galiläa an den See Genezareth. Wir durften mit Beduinen durch die judäische Wüste wandern bis das Tote Meer von oben zu sehen war – großartig! So wunderschön dieses Land ist, so umstritten ist es leider auch. Wir hatten das Glück, bei einem Freund in Bethlehem zu wohnen, direkt neben der 8 Meter hohen Mauer, die dort aufgebaut ist. Somit bekamen wir viel von dem Schwierigen und Belastenden mit, das den israelisch-palästinensischen Konflikt ausmacht. Das bedrückendste Erlebnis war ein Besuch in der Stadt Hebron, in der sich als heilige Stätten die Gräber des Abraham und seiner Familie befinden. Ein wichtiger Teil der Stadtwird von Israelischen Siedlern und israelischem Militär kontrolliert. Die Palästinenser, die dort noch wohnen, haben einen extrem schweren Stand. Hebron ist wie ein Brennglas dieses Konfliktes, bei dem es nicht nur um Religion geht, sondern  auch um Ansprüche, die sich aus den religiösen Vorstellungen ergeben. Extremen religiösen Ansichten und Praktiken begegnet man im „heiligen Land“ auf Schritt und tritt. Bei den ultraorthodoxen Juden,– bei den Islamisten der Hamas, aber auch in abgeschwächter Form bei christlichen Pilgern. Manche führen sich an den heiligen Stätten auf, als ginge es um Leben und Tod. Als die ARD-Themenwoche die Frage stellte „Woran glaubst Du?“, habe ich diese Frage mit meinen Eindrücken aus Israel und Palästina verbunden. Und meine trotzige Antwort lautet: Ich glaube ganz sicher nicht an einen Gott, der Aggressivität, Feindschaft, gar Hass gut heißt. Ein solcher Glaube kann mir gestohlen bleiben! Entweder Glauben und Frömmigkeit heilen und befreien, oder sie sind zu nichts nütze. Gott will  das Gute für den Menschen und nicht das, was uns schadet, uns verletzt, tötet oder krankmacht. Das glaube ich! Religiöser Fanatismus macht unfrei und läuft dem zuwider, was unser befreiender und menschenfreundlicher Gott will. Wenn die Konfliktparteien im Nahen Osten das verinnerlichen, dann könnte es vielleicht irgendwann wirklich ein heiliges Land werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24837
weiterlesen...