SWR3 Gedanken

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Mit einem wilden Bus voll unterschiedlichster Leute sind wir vor einigen Wochen zum Kirchentag nach Berlin gefahren. Eine etwas übermütige Idee, so verschiedene Leute zusammen zu bringen in der Hoffnung, alle könnten davon profitieren!
Konfirmandinnen, Geflüchtete aus Gambia, dem Irak und Syrien, junge Schwarze aus einem sozialen Brennpunkt von Chicago und einige Studierende aus Mannheim, ein paar Leute mit sehr wenig Geld, Und dann noch ein paar „normale“ Gemeindeglieder.

Ein übervoller Bus, in dem die Kulturen aufeinanderprallen, Nicht nur beim reden:
Leute, die sonst nie laufen, weil es zuhause dafür viel zu gefährlich ist, mussten kilometerweite Strecken durch Berlin gehen.
Und junge Frauen, die trainiert haben, ihre körperliche Integrität gegen Übergriffe zu verteidigen, sollten sich in Gemeinschaftsduschen waschen. Das gab Krach.

Aber dann ist es doch gelungen, zumindest bei einigen. Für mich eigentlich ein Wunder. Worin besteht, hat mir Michael gezeigt.
Michael ist neunzehn. Wo er herkommt wird nicht gelaufen, nie! Ein begnadeter Sänger und Showman mit viel Witz, sehr groß und viel zu schwer. Und jetzt musste er laufen. Zum großen Abschlussgottesdienst auf dem Kirchentag in Wittenberg.

Die Sicherheitskräfte hatten Wege abgesperrt und Zufahrten verunmöglicht. Also 7 Kilometer hin zum Gottesdienst und wieder zurück bei 33° im Schatten und Michael läuft. Ich sage “Respect - You are walking! Und mache mir Sorgen, weil es ihn sichtlich anstrengt!
Er weist auf unseren ältesten Mitfahrer. Über 70 ist der, ein hagerer kränklicher Typ, aber er läuft. Und Michael erklärt mir:
„Er ist mein Vorbild!

Faszinierend, er läuft schneller als wir alle. Solange er nicht aufgibt, werde ich auch nicht aufgeben. I’m gonna keep on walking!“ Etwas hat sich mitgeteilt jenseits der Worte. Das wichtigste vielleicht:
Leute sind verschieden und ich kann auf ganz unerwartete Weise von anderen etwas lernen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24813
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