SWR3 Gedanken

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Völlig versunken sitzt sie da. Die Zungenspitze zwischen den Lippen. Volle Konzentration. Sie baut ein Haus. Aus einem alten Schuhkarton. Buntes Papier wird zur Tapete, ein Stoffrest, hübsch geblümt, zum Teppich. Klopapierrolle und Bierdeckel ergeben buntbemalt einen ganz ordentlichen Tisch. Jetzt nur noch schnell ein Bettchen bauen, dann kann die Puppe einziehen!

Wenn meine Tochter spielt, dann gibt es nichts anderes mehr auf der Welt. Dann kann ich sie rufen, so lange ich will. Dann kann sein was will. Dann muss das erst zu Ende gemacht werden. „Rettet das Spiel!“ meint der Hirnforscher Gerald Hüther.

Und ich finde, er hat recht. Meine Tochter steckt mich immer wieder mit ihren Ideen an. Mit ihr zu spielen ist großartig. Und dafür bin ich ihr dankbar. Auch wenn ich manchmal gar keine Lust zum Spielen habe. Und sie lange drängeln muss, bis sie mich dazu rumkriegt.

Menschen spielen, so lange es sie gibt. Hätten wir nicht gespielt, meint Gerald Hüther, wir wären nicht in der Lage gewesen, all das zu erfinden und zu entdecken, was uns heute so selbstverständlich vorkommt.

Denn spielend probieren wir unserer Talente und Potentiale aus und entwickeln sie weiter. Lässt man uns spielen, dann lernen wir spielend einfach, uns in der Welt zu Recht zu finden. So wie meine Tochter. Erstaunlich, wie fingerfertig sie ist, wenn sie ihr Schuhkarton-Haus baut. Wie sie sich das alles im Kopf vorstellen kann, bevor sie es macht. Wie sie in einer Klopapierrolle und einem Bierdeckel einen Tisch erkennen kann.

Deshalb sagt Gerald Hüther: Rettet das Spiel! Und werdet dabei ruhig wie die Kinder:
Ich kenne Leute, die spielen und basteln und erfinden ihr ganzes Leben was Neues. Sitzen ganz versunken da, Zungenspitze zwischen den Lippen. Und man darf sie auf gar keinen Fall dabei stören. Beim Spielen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24731
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