SWR3 Gedanken

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Ein irres Bild: Der Papst zieht in den Petersdom ein und Viertausend Hände erheben sich. Genauer gesagt: Zweitausend Handys erheben sich, um ein Bild von ihm zu machen. Ein Bild, das beweist, dass man da war, dass man ihn gesehen hat. Ein Bild, durch das man sich erinnern kann an diesen einmaligen Moment. Solche Momente gibt es natürlich nicht nur beim Papst. Bei jedem Popkonzert gibt es sie, immer mehr auch im Alltag und ganz besonders im Urlaub. All die größeren aber auch immer mehr kleinere Ereignisse unseres Lebens werden im Smartphone festgehalten, gespeichert und geteilt. Aber was passiert denn mit dem Moment  der Aufnahme? Wie nehme ich ihn denn wahr, während ich versuche ihn festzuhalten? Lenken meine Bemühungen ihn festzuhalten nicht ab von der Person oder der Situation, die ich gern festhalten möchte? So dass ich die Person eigentlich nicht wahrnehme, die Situation nicht spüre.„Das Bild ist der Leib des Wahren, der die Wahrheit enthält und verhüllt.“ Das hat der Schriftsteller Erich Kästner gesagt. Das heißt, wenn ich den Papst, einen Popstar oder all meine Urlaubsorte fotografiere, dann halte ich nur die Hülle fest. Wer sie sind, was sie ausmacht, oder das Besondere an der Situation war, ist in dem Bild zwar drin, aber verhüllt. Das Wesentliche ist im Abbild nicht sichtbar. Ein Beispiel dazu: Ich war schon mehrmals zum Wandern auf einer Klosterinsel. Beim ersten Mal hatte ich einen Fotoapparat dabei und hab natürlich all die wunderschönen Motive festgehalten. Aber innere Bilder von diesem Ort hatte ich keine. Beim zweiten Mal ist mein Fotoapparat kaputt gegangen. Und ich konnte mich ganz auf Menschen und Landschaften einlassen. Noch heute habe ich innere Bilder dieser Reise vor Augen.

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