SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

75 Händepaare strecken sich nach oben. Ein Jugendlicher steht auf einem Tisch und blickt skeptisch diese Händepaare an. Ganz geheuer ist ihm diese Situation nicht: Er soll sich nun umdrehen, mit dem Rücken zu diesen Händepaaren, Hände seiner Freunde und Hände von Jugendlichen, die er gerade erst kennengelernt hat. Manche kennt er noch nicht. Und auf diese Händepaare soll er sich fallen lassen und sich tragen lassen. Crowdsurfing nennt sich das. Sich-auf-Händen-tragen-lassen – so könnte man es vielleicht am besten umschreiben.

Auf einer Konfirmandenfreizeit sollen 75 Konfirmandinnen und Konfirmanden lernen, Anderen Vertrauen zu schenken. Diejenigen, die die Hände nach oben halten, rutschen immer enger zusammen, wollen sich gegenseitig vergewissern, dass noch jemand neben ihnen steht. Und der Junge der vorne steht, sieht sich alles sehr genau an. Wer steht wo? Gibt es Lücken in der Menge? Wo sind seine Freunde?

Doch dann wagt er es. Er legt sich auf die ersten Hände und lässt sich fallen. Ganz und gar. Und er spürt: Ich werde getragen! Niemand lässt mich fallen. Am Ende der Menge wird er heruntergehoben und steht wieder mit eigenen Füßen auf dem Boden. Er lacht, er freut sich und ist glücklich. Sein Vertrauen wurde nicht enttäuscht. Die anderen haben ihn getragen. Strahlend rennt er zu seinen Kumpels und klatscht diese ab. Wenn er nicht Vertrauen gehabt hätte, hätte er das nicht erfahren.

Dieser Junge hat nun erfahren, dass Vertrauen das Leben leichter macht.
75 Jugendliche haben sich darauf auf diese Übung eingelassen. Erst zögerlich, dann mutig und voller Freude. Genauso ging es vielleicht auch den Menschen, von denen die Bibel berichtet. Einer von ihnen hat zum Beispiel gebetet: „Gott ist ein Schild für alle, die ihm vertrauen!“ (Ps 18, 31) und ein anderer: „du bist ein Heiland für die, die dir vertrauen“ (Ps 17,7

Vertrauen trägt – das ist eine Grunderfahrung des Lebens. Wer das erfährt, muss sich nicht fürchten, sondern kann vertrauen. Auch in unbekannten Situationen. Auch all die anderen Jugendlichen haben gespürt, wie wichtig es ist, Vertrauen zu schenken und jemanden aufzufangen, der vertraut. Crowdsurfing tut gut, nicht nur als praktische Übung, sondern vor allem als Lebenserfahrung.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24623
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