SWR3 Gedanken

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Gut gelaunt komme ich zur Arbeit und freu mich riesig, als ich in meinem Fach einen handgeschriebenen Brief entdecke. Als ich ihn öffne bin ich geschockt und muss mich erstmal setzen. Mein erster anonymer Brief.

Ein unbekannter Verfasser äußert seinen Ärger über einen Satz, den ich öffentlich in einer Ansprache gesagt habe. Der Satz ist völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Die letzten Zeilen lese ich fast schon wie eine Drohung. Unterschrieben ist der Brief im Plural mit: „Christen (der Gemeinde).“

Nach dem ersten Schock ärgere ich mich. Ich werde richtig wütend. Nicht, weil jemand anderer Meinung ist, sondern weil sich der Verfasser des Briefes versteckt. Kein Absender und dann verbirgt er sich auch noch hinter anderen Leuten, die scheinbar der gleichen Ansicht sein sollen. Ich habe keine Chance zu reagieren, außer dass ich mich ärgere. Der Verfasser weiß, er kann so gut wie alles schreiben. Ich finde das feige.

Ich habe mich gefragt, warum der Verfasser seinen Namen nicht nennt. Dann habe ich Kollegen davon erzählt. Einer hat mir gratuliert: „Glückwunsch, was du sagst, stößt auf Resonanz. Jetzt bist du angekommen in deinem Beruf. Da kannst du stolz drauf sein.“ Eine andere hat gelacht und gesagt: „Schmeiß ihn weg!“

Ich hab den Brief sehr ernst genommen, aber die Ratschläge haben mir geholfen, die Sache nicht zu hoch zu hängen. Wer von mir ernst genommen werden will, darf sich nicht verstecken; schon gar nicht hinter einer anonymen Masse. Der oder die muss sich hinstellen und zu seiner Meinung stehen!

Wenn sowas nochmal vorkommen sollte, werde ich dem Ganzen nicht mehr so viel Aufmerksamkeit widmen. Meine Zeit und Energie schenke ich lieber denen, die sich ernsthaft mit mir und dem was ich sage, auseinandersetzen.

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