Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Man kann in der katholischen Kirche auch dann selig gesprochen werden, wenn man nicht auf das hört, was Priester oder Bischöfe einem sagen. Zumindest trifft das im Fall von Franz Jägerstätter zu. Der Katholik aus einem kleinen Dorf in Oberösterreich hatte sich geweigert, als Soldat Hitlers in den Krieg zu ziehen. Der einfache Landwirt war sich vollkommen bewußt, dass er damit sein eigenes Todesurteil gesprochen hatte. In seiner Umgebung fehlte es folglich auch nicht an Versuchen, ihn von seinem Entschluß abzubringen. Vor allem seine Mutter mobilisierte Verwandte und Nachbarn, die ihn je nach Temperament mit Engelszungen oder Drohungen umzustimmen versuchten. Ein Bischof drängte ihn, doch wenigstens seiner Familie zuliebe in den Krieg zu ziehen. Ein Priester verweigerte ihm sogar in der Beichte die Lossprechung, weil er ein Selbstmörder sei. Doch alles Zureden half nichts. Der 36 - jährige Familienvater blieb seiner Gewissensentscheidung treu, die er nach langer Selbstprüfung getroffen hatte. Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen, schrieb er in einem Brief aus dem Gefängnis. Klarer als viele andere hatte er erkannt, dass dieser Krieg ein Verbrechen an unschuldigen Menschen war, an dem er sich als Christ nicht beteiligen konnte. Nur wenige Tage nach seiner Verweigerung wurde er inhaftiert und im August 1943 wegen Wehrkraftzersetzung hingerichtet. In der schwierigen Zeit der Entscheidung und der anschließenden Inhaftierung gab es nur einen einzigen Menschen, der bedingungslos hinter ihm stand. Seine Ehefrau unterstützte ihn in Gesprächen und mit ihren Gebeten, obwohl sie am schlimmsten von seiner Entscheidung betroffen war, denn die Familie hatte zu dieser Zeit drei kleine Kinder. Für die mittlerweile 94 – jährige Witwe war es daher ein ergreifender Moment, als sie vor wenigen Tagen an der feierlichen Seligsprechung ihres Mannes teilnehmen konnte, und Zeuge wurde, wie die katholische Kirche der Gewissensentscheidung ihres Mannes den höchsten Respekt bezeugte.

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