SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest“ – so übersetzt Martin Luther das dritte Gebot. Ganz schön sperrig! Nicht nur in der etwas geschraubt klingenden Formulierung, sondern auch in der Wortwahl: Was ist denn eigentlich der Sabbat? Was haben Nichtjuden damit zu tun? Und was bedeutet „heiligen“?
Konfirmanden lernen das Gebot so: „Du sollst den Feiertag heiligen.“ Aber macht es diese Formulierung leichter?

Auffällig ist am dritten Gebot die lange Erläuterung und Begründung, die in den biblischen Versen danach folgt: Da wird auf die Schöpfungserzählung zurückgegriffen; darauf, dass Gott selbst von aller Arbeit ruhte, nachdem er in sechs Tagen die Welt erschuf. Eine symbolische Erzählung ist das, die uns Menschen daran erinnert, dass alles im Kosmos bestimmten Ordnungen und Rhythmen unterliegt. Gott hat es so eingerichtet und er hat sich selbst dieser Rhythmik unterworfen.

Also – so die Schlussfolgerung – kann es für Menschen nur hilfreich sein, sich diesen Rhythmen einzufügen, und es wäre schädlich, sie zu ignorieren. Auch im Blick auf den Wechsel von Arbeit und Muße. Inmitten von Arbeitsprozessen muss es Ruhepausen geben, in aller Geschäftigkeit ein Innehalten.

Als geradezu revolutionär empfinde ich, dass das biblische Gebot „Knechte und Mägde“ mit einschließt. Das Sabbatgebot ist eben kein „Herrengebot“, das einen Luxusartikel für die Mächtigen oder nur für die oberen Zehntausend definiert.

Vom Ruhetag sollen alle profitieren – und es geht noch weiter: auch diejenigen, die als Fremde im Land leben und hier mitarbeiten; an anderer Stelle sind Sklaven genannt, die diese Ruhepausen genießen dürfen, und schließlich auch das Vieh, also die in der damals vorherrschenden landwirtschaftlichen Lebensform „arbeitenden“ Nutztiere.

In der altisraelitischen Tradition steckt das tiefe Bewusstsein, dass Regeneration nötig ist – und zwar für Mensch und Tier! Wie weit sind wir heute davon entfernt mit unseren Produktionsprozessen, die rund um die Uhr laufen und andere Geschöpfe gnadenlos ausbeuten. Umso notwendiger ist die Erinnerung an den biblischen Sabbattag als Unterbrechung unseres scheinbar nimmermüden Arbeitslebens. In solcher Unterbrechung ist es möglich, Kraft zu schöpfen und zur Besinnung darüber zu kommen, was dem Leben Ziel und Richtung gibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24359
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