SWR4 Abendgedanken

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Wie geht eigentlich beten? So hat ein Freund einmal Martin Luther gefragt. Dieser Freund war ein Friseur. Einer, der auch noch Zähne ziehen konnte, wenn’s drauf ankam. Man hat diese Leute Barbier genannt. ein Barbier kam mit vielen Leuten über alle möglichen Dinge ins Gespräch. Warum nicht auch übers Beten?
Er hat also seinen Freund Martin danach gefragt. Und Luther hat sich hingesetzt und ihm seine ausführliche Antwort geschrieben, eine Abhandlung übers Beten.

Einen Gedanken erklärt Martin Luther darin so, dass es vor allem der Freund richtig versteht. Er vergleicht das Beten mit der Art und Weise wie ein Frisör arbeitet. Luther schreibt:

„So auch ein guter, fleißiger Barbier: Er muss seine Gedanken, Sinne und Augen gar genau auf das Messer und auf die Haare richten und nicht vergessen, woran er sei, am Rasieren oder am Schneiden.

Wenn er aber zugleich viel will plaudern und anderswohin denken oder gucken, würde er einem wohl Maul und Nase, -- die Kehle dazu -- abschneiden.

So will auch jedes Ding, wenn es gut gemacht werden soll, den Menschen ganz haben -- mit allen Sinnen und Gliedern, wie man sagt: Ein auf vielerlei bedachter Sinn taugt weniger fürs einzelne.

Wer mancherlei denkt, -- denkt nichts, macht auch nichts Gutes. Wie viel mehr will das Gebet das Herz einzig, ganz und allein haben,“[wenn es ein gutes Gebet sein soll].

Und Luthers Freund hat das damals vermutlich auch verstanden. Ich stelle mir vor, wie er in seiner Barbierstube steht und schmunzelt, wenn er daran denkt, was er von Luther geschrieben bekommen hat. Aber dann wendet er sich konzentriert seiner Arbeit zu. Damit er seinem Kunden wirklich nur die Haare abschneidet.
Luthers Vergleich mit dem Friseurhandwerk leuchtet mir ein: Genauso ist es mit dem Beten. Da muss ich mit ganzem Herzen dabei sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24329
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