SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Was ich wann und wie sagen kann, das ist oft gar nicht so einfach zu entscheiden. Sag ich klar heraus, was ich von dem Verhalten meines Freundes halt? Oder nehme ich mich zurück? Mache ich den Mund auf, wenn einer in der S-Bahn rumpöbelt oder hoffe ich einfach nur, dass der bald aussteigt? Keine leichten Fragen.

Ein paar Antworten habe ich bei Martin Luther gefunden. Am vorletzten Wochenende. Da haben wir uns mit der Familie meiner Frau in Nagold, südwestlich von Stuttgart, getroffen. Drei Generationen, gut zwanzig Leute. Wir haben zusammen eine Stadtführung gemacht. Die Tour des Stadtführers hieß: Auf Luthers Spuren durch Nagold. Zwar war Martin Luther nie in Nagold. Aber das war für diese historische Stadtführung nicht so wichtig. Denn der Stadtführer lotste uns mit Lutherzitaten und biblischen Versen durch die Stadt. Ein echtes Vergnügen.

Mir sind besonders die Zitate im Kopf geblieben, in denen es um das Sprechen und Miteinander-Reden geht. Luther hat da kein Blatt vor den Mund genommen. Vor einem Gasthof zitiert der Stadtführer seinen Luther: „Iss, was gar ist, trink, was klar ist, red‘, was wahr ist.“ Die Wahrheit sagen, aussprechen, was richtig ist, so lerne ich Luther kennen. Der war einer, der vor den Mächtigen eben nicht buckelte, sondern sich hinstellte und sagte, was Sache ist. Oder im Luthersprech: „Der Wein ist stark, der König stärker, die Weiber noch stärker, aber die Wahrheit am allerstärksten.“ Luther hat es mit der Wahrheit gehabt. Kein Herumlavieren, kein wie die Katze um den heißen Brei herumreden. Geradeaus reden und dafür gerade stehen, das war Luthers Devise. Und das hat er oft genug bewiesen. Luthers Regel dafür ist ganz einfach: „Tritt fest auf, mach‘s Maul auf, hör‘ bald auf.“ Ich merke: Die Wahrheit sagen, das ist das eine. Aber es kommt auch drauf an, wie ich es sage. Der Reformator ist da eindeutig. Sich hinstellen, mit beiden Füßen auf der Erde, nicht weichen, sich nicht verschrecken lassen. Seine Meinung sagen. Aber auch nicht lange quatschen. Sondern rechtzeitig aufhören. Auch das leuchtet mir ein. Wenn einer was zu sagen hat, dann soll er es sagen. Und nicht ewig und mit immer neuen Worten wiederholen. Die Wahrheit kommt am besten klar und knapp rüber, und manchmal braucht es dazu auch Mut. Nicht nur zu Luthers Zeiten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24312
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