SWR2 Wort zum Tag

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Kein Wunder, dass der Roman von Karl-Heinz Ott den Titel „Die Auferstehung“ * trägt. Drei Brüder und ihre Schwester fragen sich, wie alt man ist, wenn man aufersteht. Ob „Blinde tatsächlich wieder sehen und Lahme wieder gehen können.“ Und ob, wie einer der Brüder sich fragt, „Idioten auf einmal gescheit sind“. Pfarrer Boshorch, der gefürchtete Pfarrer ihrer Kindheit, das wird ihnen wieder bewusst, der hatte „eine regelrechte Jenseits-Landkarte im Kopf“. Der wusste „wer zur Rechten Gottes sitzt, wo der Teufel wohnt und wie es im Fegefeuer aussieht.“

Während ich beim Lesen immer faszinierter den geschwisterlichen Auseinandersetzungen folge, wird mir klar: Die Welt der Auferstehung, die die vier im Kopf haben, ist nichts anderes als ein Spiegelbild der Welt, in der sie leben. Deshalb bietet diese himmlische Welt ihnen auch nichts wirklich aufregend Neues. Nichts, was sie für sich jenseits dieses Lebens noch zu hoffen haben. Dass die Welt, in die die Auferstehung uns führt, mehr zu bieten hat als die, in der sie jetzt leben - damit rechnen sie nicht wirklich. Und deshalb ist die Auferstehung für sie eigentliche keine Vorstellung, aus der sie einen Mehrwert für ihr Leben jetzt gewinnen. Die sie jetzt schon fröhlicher und bewusster leben lässt. Eigentlich schade, denke ich!

Einen ähnlichen Disput hat es auch schon zur Zeit Jesu gegeben. Kritiker des Glaubens an die Auferstehung erzählen Jesus die Geschichte von sieben Brüdern, die alle nacheinander sterben. Und der Reihe nach heiraten die noch lebenden Brüder die Frau des zuletzt verstorben Bruders. „Zu welchem der Brüder wird diese Frau nach der Auferstehung gehören?“, fragen sie Jesus. Seine Antwort: „In der Welt der Auferstehung geht es nicht mehr ums Heiraten oder Nicht-Heiraten.“ (Markus 12,24) Da geht es um Leben in ganz anderer Qualität. Da sind die Beziehungen ganz auf Gott hin ausgerichtet. Sie bedürfen nicht mehr der Regelungen, mit denen wir unser Leben gestalten. Im Himmel gibt es weder Standesämter noch Krankenhäuser.

Ich finde, es ist nicht leicht, sich vorzustellen, wie diese Welt aussieht. Aber ich bekomme eine Ahnung davon, wie sie auf jeden Fall nicht mehr aussieht. Weil mein Leben dann nicht mehr unter den Einschränkungen und Begrenzungen steht wie jetzt. Weil dann wirklich alles anders ist. Das reicht mir fürs Erste, um der Auferstehung zu vertrauen.

* Karl-Heinz Ott, Die Auferstehung, Carl Hanser München 2015

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24287
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