SWR3 Gedanken

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Wir wollen mehr Demokratie wagen! Willy Brandt hat das gesagt bei seiner Regierungserklärung 1969. Damals haben sich die Leute auch um die innere Sicherheit im Land Sorgen gemacht.

Willy Brandt hat gewusst: Demokratie kriegt man nicht geschenkt. Man muss was riskieren. Das freie Spiel der Kräfte, das muss man wollen. Dass Parteien sich streiten, dass NGOs, Kirchen und Gewerkschaften ihre Sicht der Dinge einbringen, das muss man wollen. Und dazu braucht man, so Willy Brandt, eine „außerordentliche Geduld beim Zuhören und eine „außerordentliche Anstrengung“, einander verstehen zu wollen. (1)

Und genau das passiert in dieser Woche auf dem evangelischen Kirchentag. In Kirchen, Vortragssälen, Messehallen und sogar in der U-Bahn und auf den Straßen und Plätzen. Man versucht, einander zu verstehen.

Man muss das mal erlebt haben, wie dreitausend Leute in einer Halle vier Stunden lang sich auf ein Thema konzentrieren. Wie sie Politikern, Wissenschaftlern und Experten zuhören und so lange nachhaken bis klar ist, worum es geht. Und wie weit man miteinander gehen kann.

Vielleicht haben Sie das schon mal erlebt. Wenn nach einem Diskussionsmarathon auf einmal etwas klarer geworden ist. Wie es wie Schuppen von den Augen gefallen ist. Da entsteht eine unglaubliche Energie- eine Art „Klärungsenergie“. Und die gibt einem ganz viel Kraft zurück.

Ja, Demokratie muss man wagen und sie kostet viel Kraft. Aber sie gibt einem auch ganz viel zurück. Die Präsidentin des evangelischen Kirchentags, Professorin Christina Aus der Au ist davon überzeugt: „Andersdenkende sind nicht nur ein Hindernis. Sie beflügeln auch. Weil man im Gespräch immer weiter kommt als im selber denken.“

http://www.willy-brandt.de/fileadmin/brandt/Downloads/Regierungserklaerung_Willy_Brandt_1969.pdf

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24271
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