SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“
Dieser Bitte aus der Bibel habe ich lange wenig praktischen Sinn abgewinnen können. Ganz grundsätzlich ist sie einsichtig. Es ist klug, sich nicht für unsterblich zu halten. Aber kann
man dieses Wissen in den Alltag integrieren? Macht es da nicht eher Angst anstatt zum leben
zu helfen? Der Glaube soll doch Hoffnung geben, im Leben und über das Sterben hinaus.
„Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ Inzwischen denke ich, diese Bitte an Gott kann sogar Angst nehmen.
Sie ermutigt zur Rechtzeitigkeit.
Ganz praktisch: Redet rechtzeitig miteinander. Übers Sterben und was damit zusammenhängt. Den rechten Zeitpunkt nicht verpassen. Viele vermeiden es lieber, zwischen Partnern, oder alt gewordenen Eltern und großen Kindern, übers Sterben und Abschied nehmen zu reden.
Wie wollen wir es gestalten? Beerdigung- Bestattung? Den Verstorbenen zu Hause aufbahren oder nicht? Ich weiß, wir reden oft deshalb nicht rechtzeitig, weil wir denken, der rechte Zeitpunkt kommt, später. Wir wollen uns schonen.
Vielleicht denken wir auch manchmal, wenn man über den Tod spricht, dann öffnet man ihm eine Tür. Wenn ein Angehöriger schwer krank ist, meint man, alle Kraft zu brauchen zum kämpfen und hoffen. Dann scheint nicht der rechte Zeitpunkt, übers Sterben zu reden. Als könnten wir den Tod durch Verschweigen aus dem Leben verbannen oder hinauszögern. Rechtzeitig miteinander reden, gerade darüber was Angst macht. Das ist lebensklug. Und kann Angst nehmen.
„Lehre uns bedenken.“ Lebensklug finde ich diese Bitte noch aus einem zweiten Grund.
Dieser Satz wendet sich ja an Gott. Ist ein Gebet. Ich bleibe nicht allein damit, dass ich
sterben werde. Werde nicht auf mich selbst zurückgeworfen. Der ewige Gott ist mein Gegenüber. Wenn mir der Gedanke an meinen Tod Angst macht, bin ich auch damit nicht allein. Wenn ich im Gegenüber zu Gott erkenne, dass mein Leben endlich ist und kostbar, dann spüre ich auch, dass ich ein Geschöpf Gottes bin. Und seine Liebe ist nicht endlich. Er hält das Leben in der Hand, wenn es zu Ende geht. Er umschließt mich - in der Zeit und danach.
Für mich klingt in dieser Bitte dreierlei mit.
Lass mich begreifen und akzeptieren, dass meine Zeit begrenzt ist.
Wir können einander beim Sterben beistehen und helfen, wenn wir drüber reden.
Und: Ich bleibe Gottes Geschöpf, wenn meine Zeit zu Ende geht, mein endliches Leben ist von seiner Ewigkeit umfangen.
Wer das weiß, ist klug und getröstet.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2421
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