SWR2 Wort zum Tag

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Die Bibel ist kein politisch korrektes Buch. Frauen sollen in der Gemeinde schweigen, heißt es da. Wer seinen Sohn liebt, der verpasst ihm eine Tracht Prügel. Und dann gibt es da auch noch die Geschichte vom unnützen Knecht. Da sagt Jesus: “Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte, wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.“ Ist das ein liebender Gott, der die Menschen betrachtet wie seine Leibeigenen?

Die Bibel ist kein politisch korrektes Buch. Mit unserer „einzigen Richtschnur des Glaubens“ hinken wir hinter allem her, was heute eingefordert wird: Ausgewogenheit, Berücksichtigung Benachteiligter, Vermeidung diskriminierender Formulierungen.

Sollen wir also das Wort vom „unnützen Knecht“ umdeuten in: Unsere Beiträge können nur klein sein, und trotzdem sind sie wichtig? Jedem Versuch, die Bibel zeitgeistkompatibel umzuschreiben, hätte Martin Luther entgegengehalten: “Eine solche Närrin ist die Vernunft, dass sie sich nur gefallen lässt, was ihr gemäß ist und was sie verstehen und begreifen kann.“ Das heißt: Wenn mit der Bibel nicht das Fragen und Zweifeln anfinge, wär sie ein ziemlich unbedeutendes Buch. „Man soll“, schreibt Martin Luther, „die heilige Schrift nicht nach unserer Vernunft messen, richten, verstehen und deuten, sondern mit dem Gebet fleißig bedenken und ihr nachtrachten.“

Denkt man über das Wort nach: “Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte.“ dann fällt auf: Das könnte auch eine gute Anleitung zum Selbstgespräch sein.  „Wir sind unnütze Knechte“, das sollen wir zu uns selber sagen. Nicht zu unserer Nachbarin, die mit ihrer spärlichen Rente auch noch ihre behinderte Enkeltochter unterstützt. Nicht zu dem 60-jährigen, der zu Hause seine kranke Mutter pflegt. Wir sollen so zu uns selber reden. Halten wir das aus? So vor Gott zu stehen und gar nichts vorzuweisen haben? Halten wir das aus, vor Gott nur Mensch zu sein und kein bisschen mehr?

Vor Gott können wir nie groß rauskommen. Die Vorstellung, dass wir Gott mit guten Taten imponieren können, ist ein Missverständnis. Vor Gott können wir nie groß rauskommen. Und müssen es auch nicht. Denn er ist die Liebe. Und „wer in der Liebe ist der ist in Gott und Gott in ihm“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24167
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