SWR2 Wort zum Tag

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Früher war das ein Skandal: die Braut schwanger! Vor Jahren wurde das noch peinlich verschwiegen, heute wird der kommende Weltbürger in der Traupredigt schon einmal herzlich begrüßt. Wir feiern ja bei der Trauung auch die Liebe zweier Menschen und nicht die zweier Gespenster.

Wie sich Leib und Seele in der Liebe zueinander verhalten, das hat zu Shakespeares Zeiten der Dichter John Donne, selbst anglikanischer Geistlicher, wunderbar beschrieben. Das Gedicht trägt den Titel: „ Die Ekstase“.

Da sitzen zwei Liebende Hand in Hand und erinnern sich, wie alles anfing. Es begann mit Blick und Berührung: „Nur dies, dass Hände sich vermählten, hat uns zu einem Leib gemacht; Bilder von Aug` zu Auge säen, war unser einziger Zeugungsakt.“ Wer die Liebenden von außen betrachtet, sieht nur, was alle sehen: dass sie Händchenhalten und einander tief in die Augen schauen. Mehr ist da erst einmal nicht. Aber das sind keine harmlosen Blicke, keine harmlosen Berührungen. In ihnen liegt schon die ganze Liebe mit Seele und Leib.

Ihre Liebe - das ist ihre Seelengemeinschaft.  Aus ihren zwei Seelen wird durch ihre Liebe, so dichtet John Donne weiter, ein neue, unsterbliche, die „kein Wandel mehr“ quälen wird. Solch Liebende brauchen ihren Körper nicht mehr. Aber körperlose Seelen gibt es in dieser Welt nicht. „So muss Seelenliebe hinabsteigen zu Neigung und Verlangen.“ Doch diese „hinab“ hat nichts Niederes, Zweitrangiges an sich. John Donne  schreibt:

Wenn Liebe so zwei Wesen tauscht,
Zwei Menschen ineinanderseelt,
Wächst eine stärkere Seele draus,
Die heilt, was jeder einzeln fehlt.

Wir, die die neue Seele sind,
Wissen, was uns zusammenhält,
Denn unseres Wachstums Element,
Sind Seelen, die kein Wandel quält.

...

Lass uns zum Leibe gehn, dass der Welt
Sich Liebes-Offenbarung zeigt:
D
er Liebe Allgeheimnis wächst
Aus Seele – Buch ist ihr der Leib.

Eine starke, gemeinsame Seele, die nicht aufgibt, und die heilt, was jeder einzelnen fehlt – das wünsche ich den Paaren, die in diesem Monat heiraten. Auf dass sie dann später einmal, bei der Goldenen Hochzeit, in ihrer gemeinsame Lebensgeschichte  zurück“blättern“ und sich erinnern, wie bei ihnen Leib und Seele zueinander fanden. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24166
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