SWR3 Gedanken

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Eine kleine Randnotiz in meiner Tageszeitung: “Rache für Mobbing. Das Motiv für den Amoklauf in München mit 10 Toten war den Ermittlern zufolge Mobbing. Der Amokschütze David S. sei über Jahre hinaus von Mitschülern gemobbt worden.“ Diese Meldung ist 8 Monate nach der Gewalttat in München in meiner Zeitung erschienen. Klein und unter ferner liefen. Aber eigentlich müsste sie doch auch groß und auf der Titelseite stehen. Wie all die verschreckten, verstörten und bestürzten Überschriften direkt nach einem sogenannten Amoklauf. Aber nein, das scheint tatsächlich ein Mediengesetz zu sein: bad news are good news, schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Weil sie mehr Aufmerksamkeit ziehen als die guten. So scheint der Mensch zu sein und die Medien eben auch. Aber Mobbing ist ja auch keine gute Nachricht und die Tatsache, dass das Mobbing mal wieder Ursache für ein Blutbad war müsste der Öffentlichkeit doch mindestens so laut, so oft und so auffällig vor Augen gehalten werden wie der Amoklauf selbst. Damit dieser scheinbare Automatismus, den wir regelmäßig zu beklagen haben, gestoppt wird. Erfurt, Winnenden, München. Immer gehört Mobbing zu den Hauptmotiven bei Amokläufen von jungen Menschen. Muss wirklich alle paar Jahre ein junger Mensch andere junge Menschen töten? Müssten wir nicht die tödliche Gefahr, die im Mobbing steckt so laut, so klar und so regelmäßig an den Pranger stellen, wie die Amokläufe selbst? Denn wie sagt eine jüdische Lebensweisheit: „Jemanden öffentlich beschämen ist wie Blut vergießen.“

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