SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Morgen ist der so genannte Sonntag des Guten Hirten, zu dem der wohl bekannteste Psalm der Bibel gehört: Psalm 23, er beginnt mit den Worten: Der Herr ist mein Hirte. Vielen Menschen fällt auch das Bild des guten Hirten ein, der sein verlorenes Schaf auf den Schultern trägt und es zur Herde zurückbringt. Deshalb trägt der Sonntag auch die Barmherzigkeit Gottes im Namen, Miserikordias Domini.

Ich finde es gut, dass Gott ein Herz auch für die schwierigen Schafe hat. Klar, sie nerven auch. Wenn sie wieder einmal verloren gehen oder bockig ihre Ansicht gegen jede vernünftige Einsicht verteidigen. Wenn ich an die Konfirmandinnen und Konfirmanden denke, die ich über die Jahre begleitet habe, dann fallen mir gleich die entsprechenden Gesichter ein. Auf der anderen Seite: Ohne diese schwarzen Schäflein wäre das Gespräch mit den Jugendlichen für mich zwar einfacher, aber gewiss weniger spannend und interessant gewesen. Schwarze Schafe fordern einen heraus! Manchmal haben sie richtig gute Ideen, die die ganze Herde weiterbringen. Sie brauchen besondere Zuwendung, gleichzeitig darf man die restliche Herde nicht vernachlässigen, das rächt sich sonst. Nicht zuletzt bin ich oft selbst nicht gerade ein liebes Schäflein gewesen und habe auch deshalb ein Herz für die dunklen Exemplare.

Weniger freundlich denke ich an einen anderen Typ von schwarzen Schafen in unserer Gesellschaft. An die, die sich nicht an sinnvolle gesellschaftliche Vereinbarungen halten und meinen, sie stünden über dem Gesetz. Dazu gehören bedauerlicherweise auch privilegierte Menschen. Manchmal denke ich, dass diesen schwarzen Schafen vielleicht in ihren Kinder- und Jugendzeiten jemand gefehlt hat, der sich die Mühe gemacht hat, mit ihnen über den Sinn und Zweck von Regeln zu sprechen. Denn mühsam ist diese Auseinandersetzung schon. Wir Menschen sind zwar ausgesprochen soziale Wesen, das bedeutet aber noch längst nicht, dass alle sozial denken. So kann es dann sein, dass schwarze Schafe zu Wölfen mutieren. Alle Menschen, die in der weiten Welt herumkommen und offene Augen und Herzen haben, wissen, welchen Schatz wir mit unserer Gesellschaftsordnung haben, mit einer unabhängigen Justiz und einer sozialen Marktwirtschaft, die auch ein Herz für die Schäflein hat, die einfach nicht mitkommen und besonderen Schutz brauchen. Dass das so bleibt, dafür setzen sich, Gott sei Dank, neben vielen Menschen guten Willens auch die christlichen Kirchen in Deutschland ein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24120
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