SWR2 Wort zum Tag

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Was trieb Adolf Hitler in seinem mörderischen Wahn? Er wurde als Erlöser, als Heilsbringer verklärt, der Retter, ein völkischer Messias! Die nationalsozialistische Propaganda hatte aus dem 20. April, dem Geburtstag von Adolf Hitler, einen religiösen Feiertag gemacht. Der „Führergeburtstag“ gehörte fest zum Führermythos.

Was aber hat Hitler selbst geglaubt? Was hat ihn angetrieben, in seinem mörderischen Wahn?

Der Grazer Theologe Rainer Bucher hat dazu eine Studie veröffentlicht und sie reichlich provokant mit “Hitlers Theologie“ betitelt. Rainer Bucher versteht Theologie dabei ganz allgemein: als die Rede von Gott. Als die Rede von Gott, die für eine Person von Bedeutung ist. Natürlich geht es nicht um Theologie im wissenschaftlichen oder christlichen Sinn.

Hitler hat offenbar sehr, sehr viel von Gott geredet, oft betont, dass er selbst von Gott auserwählt sei. In seinen Reden und Schriften hat er sich immer wieder auf die „Vorsehung“ berufen. Sein ganzes politisches Projekt verkündigt er von Anfang an und bis zuletzt im Namen seines Gottes. Und so unvorstellbar das klingt: Selbst sein mörderisches Wüten gegen die Juden hat er als Gottes Auftrag begriffen, etwa ausdrücklich in seiner ideologischen Programmschrift „Mein Kampf“.  

Natürlich war Hitlers Gott alles andere als ein christlicher Gott. Hitlers Theologie kennt keine Gnade, keine Barmherzigkeit, keinen Frieden.

Warum aber sollen wir uns heute noch mit alldem beschäftigen? Weil vermutlich auch heute wieder ein paar verblendet Ewiggestrige den „Führergeburtstag“ feiern? Oder weil Hitlersrassistische Theologie so weit reichende, mörderische Folgen hatte?

Am Ende seiner  Studie warnt Bucher vor gefährlichen Versuchungen , warnt er vor gefährlichen religiösen Sehnsüchten. Die sich nicht nur bei Hitler und in seiner Zeit finden lassen! Die Sehnsucht beispielsweise nach einer geschlossenen Gemeinschaft, die alle, die anders sind ausschließt, auch davon, erlöst zu werden oder Gnade zu finden.

Oder die Sehnsucht: Dass ich da, wo ich mich gekränkt fühle, getröstet werde, indem ich Rache übe und gerächt werde..

Gefährlich ist für Bucher auch die Sehnsucht, sich durch die eigene Religion hervortun zu wollen, sich elitär abzugrenzen von den vermeintlich unwürdigen, weniger heroischen Anderen, ihrem niederen und banalen Alltag.

Gefährlich ist schließlich auch die religiöse Sehnsucht nach einem allmächtigen, ja totalitären Gott. Die Sehnsucht nach einem einheitlichen Prinzip, aus dem ich alles und jedes erklären kann.

Mit dem christlichen „Gott der Güte“ hat das nichts zu tun. Denn dieser „Gott der Güte“ ist Mensch geworden und hat den Menschen bis zum Kreuz die Treue gehalten. Dieser „Gott der Güte“, da ist sich der Theologe Bucher sicher, „liebt das Plurale, das Vielfältige, das Andere“. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24097
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