Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Entschuldigung, das ist wohl das schwerste Wort. Elton John hat das gesungen. Sorry seems to be the hardest word.
Sich bei jemandem zu entschuldigen, weil man etwas gesagt oder getan hat, was dem anderen schadet, das ist wirklich nicht einfach. Weil man es ja meistens nicht mehr rückgängig machen kann: die dumme Bemerkung, die den anderen verletzt hat; oder der Moment, an dem man nur noch an sich selbst gedacht hat und nicht an andere.

Vielleicht ist das der Grund, warum manche Leute sich gleich selber entschuldigen.
Entschuldigung, war ja nur halb so schlimm, sagt die Frau, die mir beim Einsteigen in den Zug ihren Ellenbogen in die Seite rammt.

 Sorry, aber Sie haben ja nicht so lange warten müssen, sagt der Mann am Schalter, nachdem er sein privates Gespräch am handy-Gespräch beendet hat.
Und kürzlich ist es mir selbst passiert, dass ich das gesagt habe: Entschuldigung, aber es ist ja nichts passiert.

Ich finde, man kann sich eigentlich nicht selbst entschuldigen, wenn doch ein ganz anderer Mensch betroffen ist. Das muss schon der andere tun. Zu einer Entschuldigung gehören immer zwei. Einer der sie ausspricht. Und einer, der sie akzeptiert und den anderen aus seiner Schuld entlässt, also ent-schuldet.
Aber warum versuchen wir dann doch, uns selbst zu entschuldigen? Vielleicht, weil wir aus eigener Erfahrung wissen, dass es manchmal schwer ist, jemandem zu vergeben. Es kann richtig schwere Arbeit sein.

Vielleicht deshalb hat Petrus bei Jesus angefragt: Wie oft muss ich vergeben? Genügt sieben Mal?“ Und Jesus hat geantwortet:  „Nicht sieben Mal, sondern siebzig mal sieben Mal.“ Ich verstehe das so: vergeben kann man nicht so locker nebenbei. Vergeben braucht Kraft und Zeit und manchmal auch viel Geduld. Manche Verletzungen machen sich immer wieder bemerkbar – dann muss man wieder vergeben. Immer wieder.

Manchmal geht Vergeben aber auch ganz leicht, finde ich, zumindest bei den alltäglichen Kleinigkeiten.  Wenn ich spüre, der andere hat gemerkt, sein Verhalten mir gegenüber war jetzt nicht in Ordnung. Dann kann ich sagen: Ist schon ok. War nicht so schlimm. Und bei den größeren Verletzungen:  Das hat mich verletzt. Ich kann das nicht gleich vergeben und vergessen. Aber ich will mich bemühen.
Manchmal braucht es Mut, um Entschuldigung zu bitten. Die Chancen, dass der andere sie uns auch gewährt, stehen aber sehr viel höher, wenn wir es nicht selbst tun, sondern den anderen darum bitten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24058
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