SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Ein ganz normaler Wochentag in der Passionszeit. Vor dem Gemeindehaus trifft sich eine Gruppe von Menschen. Es ist 18.00 Uhr. Alle sind gespannt. Kreuzwegandacht steht im Gemeindebrief. Mehr nicht. Offensichtlich nicht in der Kirche. Soviel ist klar. Die Pfarrerin begrüßt alle, die gekommen sind.

Wir bleiben nicht hier, sagt sie. Wir gehen ein Stück. Ein paar Häuser weiter befindet sich eine Flüchtlingsunterkunft. Die ist das Ziel. Und dort wird die Gruppe auch bereits erwartet. Männer, Frauen, Kinder aus aller Herren Länder mustern ein wenig schüchtern die deutschen Gäste. Man schüttelt sich die Hand, nimmt Platz, trinkt ein Glas Tee.

Nach einer Weile fangen die ersten an zu erzählen. Um Krieg und Gewalt geht es. Um die Flucht und die Angst, die ständiger Begleiter war. Sie erzählen von ihrer Ankunft in Deutschland, wie erleichtert sie waren, in Sicherheit zu sein, und dass ihnen trotzdem das Heimweh nachts den Schlaf raubt.

Was für Wege, sagt eine ältere Dame. Richtige Kreuzwege, sagt eine andere. Die längst begriffen hat, dass das der Sinn der Sache ist. Eine Kreuzwegandacht ganz anderer Art. In der es um die Kreuze geht, die Menschen heute zu tragen haben. Und in denen der Kreuzweg Jesu nicht nur irgendeine traurige Geschichte aus längst vergangener Zeit ist, sondern eine Geschichte, die heute passiert. Immer wieder passiert.

In der Passionszeit denken wir über den Kreuzweg Jesu nach. Über sein Leiden und Sterben. Weil unsere Welt voll ist von Kreuzwegen. Viele Menschen haben ein leidvolles Schicksal, sie tragen ihr Kreuz. Und was wir füreinander tun können, ist ein Stück des Wegs gemeinsam zu gehen und einander zu helfen, unsere Kreuze zu tragen, unsere Last zu teilen. So wie an diesem ganz normalen Wochentag in der Passionszeit.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24006
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