SWR2 Wort zum Tag

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Nächstenliebe ist ganz einfach. Da macht ein Mann einen Spaziergang durch den Park. Als er an einem kleinen See ankommt, sieht er, wie ein Kind ins Wasser fällt. Ohne nachzudenken stürzt sich der Mann kopfüber in den See. Das Kind überlebt. Als sich die Eltern bei ihm bedanken wollen, winkt er nur ab. „Das hätte doch jeder getan“, sagt der Retter und wringt seinen ruinierten Anzug aus.

Nächstenliebe, das ist eine typisch christliche Haltung. Schließlich heißt es schon in der Bibel: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Lev 19,18; Mk 12,29).

Aber schon in biblischen Zeiten gibt es Streit um die Nächstenliebe. Der Knackpunkt: Die Frage, wer denn mein Nächster ist. Auch heute ist das eine brennende Frage. Schließlich leben derzeit etwa siebeneinhalb Milliarden Menschen auf der Erde. Die kann ich gar nicht alle lieben.

Genau hier setzte der effektive Altruismus an. So nennt sich eine neue philosophische Bewegung. Effektiv, das meint hier echt, wirklich, wirksam. Und Altruisten, das sind selbstlose, uneigennützige Menschen. Menschen, die eben den Nächsten lieben.

Der effektive Altruismus macht auf ein Problem bei der Nächstenliebe aufmerksam. Während der Mann im Park ein Kind vor dem Ertrinken rettet, sterben weltweit etwa 700 Kinder an Malaria, Durchfall oder Hunger. Effektive Nächstenliebe heißt, hier genauer hinzusehen, seine Hilfe, seine Nächstenliebe besser einzusetzen. So wie der Mann beim Sprung in den Teich seine Kleidung selbstverständlich ruiniert, so kann er auch Geld für Menschen in Armut einsetzen, kann für die Welthungerhilfe oder für Ärzte ohne Grenzen spenden.

Ich finde, das hat was: Über den Tellerrand hinaussehen, nicht nur sehen, was um mich herum passiert, sondern auch andere Menschen, die Welt in den Blick zu nehmen. Aber das macht es auch schwierig: Es gibt so viele Probleme in der Welt, da könnte ich eher resignieren. Deshalb glaube ich, dass es beides braucht: Da helfen, wo ich konkrete Not sehen. Und auch die Augen offen halten, für die Not anderer Menschen weit weg.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23976
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