SWR3 Gedanken

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Eine leichte Nervosität breitet sich immer aus, wenn die Vorlesungszeit an unserer Hochschule zu Ende geht. Dann beginnt die Prüfungszeit. Alle Jahre wieder erlebe ich das bei den Studenten unserer Hochschulgemeinde. Das Problem kenne ich aus eigener Erfahrung, auch wenn es schon Jahrzehnte her ist. Wieder mal nicht alles penibel gelernt. Manche Details einfach nicht verstanden. „Mut zur Lücke“ haben wir das damals genannt. Natürlich immer verbunden mit der Hoffnung, dass der Prüfer nicht ausgerechnet diese Lücke erwischt. Natürlich gab und gibt es auch jene, die das ganze Pensum schaffen und das meiste davon sogar behalten können. Bewundernswert. Doch die meisten Studenten, die ich kenne, setzen hier und da wohl eher aufs Gottvertrauen. Wohl wissend, dass der liebe Gott nicht für ihre Wissenslücken zuständig ist.

Auch mal Mut zur Lücke zu haben, finde ich übrigens gar kein so schlechtes Lebensmotto. Weil es den Mut einschließt, zu den eigenen Grenzen zu stehen. Nicht nur im Hochschulalltag. Weil es bedeutet, mich damit anzufreunden, dass ich vielleicht nicht besonders fotogen bin und nie eine Modelfigur haben werde. Dass es immer eine Menge Leute geben wird, die einfach, klüger, begabter oder schöner sind als ich. Die viel mehr wissen und im Leben einen größeren Erfolg haben. Und dass ich auch mit allergrößter Anstrengung manches einfach nicht erreichen werde. Natürlich soll das keine billige Ausrede sein für Faulheit und Desinteresse. Aber sich die eigenen Grenzen bewusst zu machen und dazu zu stehen, kann ungemein entlasten. Glück ist dann vielleicht, meine Grenzen zu sehen und zu akzeptieren und trotzdem in diesen Grenzen das Beste aus meinen Möglichkeiten zu machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23968
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