SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Wenn ich mit Menschen die Beerdigung eines Angehörigen vorbereite, höre ich die unterschiedlichsten Geschichten. Gemeinsam ist allen: Es gibt keine Lebensgeschichte, auch nicht die schrecklichste, ohne dass es beim Erzählen ein Lächeln gibt, ja ein herzliches Lachen. Das ändert nichts daran, dass der Tod schmerzt. Aber es hilft, den Abschied zu ertragen. Und jedes Lächeln und Lachen ist wie ein Protest dagegen, dass der Tod das letzte Wort über das Leben haben will.

Nach solchen Beerdigungsgesprächen nehme ich die Sonnenstrahlen des Frühlings anders wahr, bewusster. Es ist nicht selbstverständlich, dass ich sie spüren darf, es ist nicht selbstverständlich, gesund zu sein. Es ist nicht selbstverständlich, zu leben. Weil ich das Leben liebe, gönne ich dem Tod nicht, dass er das letzte Wort hat, die Quintessenz zieht über meine Lebenszeit oder die eines anderen Menschen. Das Leben zu lieben bedeutet jedoch nicht, es krampfhaft festhalten zu wollen. Ich kann weder das Leben festhalten noch meine liebsten Menschen. Im Grunde habe ich keinen Tag meines Lebens in der Hand. „Was willst du machen, Mama, ich kann auch morgens lächelnd aus dem Haus gehen und dann von einem Auto überfahren werden“, hat mein Sohn einmal zu mir gesagt, als ich, typisch Mutter, zu besorgt war um sein Wohlergehen. Er hat ja Recht, das Leben ist nicht abzusichern. Wer seine Kraft darauf verschwendet, sich an das Leben zu krallen, dem zerrinnt es zwischen den Fingern. Wer sein Leben so liebt, der wird es womöglich verlieren.

In der Passionszeit erinnern Christen daran, dass Jesus den Weg zum Kreuz geht. Gott teilt den Tod seiner Menschen. Das hilft mir, auch im Blick auf mein Leben das Lachen nicht zu vergessen, selbst wenn mir der Tod zu schaffen macht. Ich weiß, nach der Passionszeit kommt Ostern und damit das Osterlachen über den Tod. Deshalb gibt es selbst bei tödlich ernsten Dingen einiges, worüber sich zumindest schmunzeln lässt. Auch bei Beerdigungsgesprächen. Ich wünsche mir persönlich, dass einmal bei meiner Beerdigung alle Menschen mindestens einmal herzhaft lachen. Tödlich ernst ist es nicht, unser Leben. Heute, mitten in der Passionszeit, ist so ein Lachen ein Vorgeschmack auf das Osterlachen. Ich glaube, der Tod beißt dann vor Wut in die Sense. Denn Lachen kann er nicht. Wir schon. Gott sei Dank!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23913
weiterlesen...