Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Kennen Sie den? Sitzen zwei Kumpels in ihrer Dorfkneipe irgendwo in Norddeutschland. Kommt ein Fremder rein und fragt: „ Können Sie mir bitte sagen, wo man hier übernachten kann?“ Die zwei schauen ihn kurz an, sagen aber nichts. Der Fremde wiederholt die Frage nochmal auf Englisch. Wieder keine Antwort. Der Fremde fragt sie dasselbe nochmal auf Französisch. Die zwei schauen stumm auf das Bier vor ihnen. Da verlässt der Fremde achselzuckend die Kneipe.
Als er draußen ist, sagt der eine zum Anderen: „Du, der kann ja drei Sprachen!“- „Jou, sagt der andere. Hat ihm aber nix genützt.“

Den Witz hat uns der Vater unserer zukünftigen Schwiegertochter erzählt. Um uns zu verklickern, wie sie als Norddeutsche so ticken und reden. Man schweigt sich gern mal ein bisschen zusammen. Und wenn man redet, haben Worte oft eine andere Bedeutung. Das ist gut zu wissen, wenn man es sich mit der  Verwandtschaft aus dem Norden oder dem Süden nicht verscherzen will.
Ich habe gemerkt: es muss gar keine Schwiegertochter aus dem Iran oder aus Afrika sein. Auch mit einer Deutschen aus dem Norden hat man seinen Schaff in Sachen Kultur und Integration.

Aber zum Glück kann man ja fragen. „Wie hast du das gemeint? Was bedeutet das? Hab ich das richtig verstanden?“ Und man kann auch den Geist spüren, in dem etwas gesagt wird. Die Bedeutung hinter den Worten. Gott hat uns nämlich den Geist der Liebe und der Besonnenheit gegeben, hat der Apostel Paulus mal gesagt. Wir können uns in die Anderen hineinversetzen. Nachspüren und vielleicht nochmal anders in Kontakt treten.

Der Fremde in der norddeutschen Kneipe hätte sich zum Beispiel erst mal hinsetzen und ein Bier bestellen können. Neben die zwei Kumpels. Ohne Worte. Nach einer Stunde hätten die ihn sicher gefragt, was er für einer ist. Und sicher hätte er dann auch ein Bett für die Nacht bekommen. Weil sie sich mit ihm so toll haben unterhalten können. Ohne Worte.

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