SWR3 Gedanken

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„Bloß keine modernen Lieder!“ Sagt Frau Müller. Wir reden grade über die Feier ihrer Goldenen Hochzeit. „Nein;“ beschwichtige ich sie, wird es nicht geben, Frau Müller.“ Eigentlich hätte sie mich nicht ermahnen müssen. Aber sie hat eben ein bisschen Angst, sie kennt mich als ihren neuen Pfarrer noch nicht und weiß nicht, was der so alles macht. Und vor allem will sie mitsingen. Und sie will, dass ich sie und ihre Situation wahrnehme und sie respektiere.

Kann ich aber auch verstehen – die Jüngeren vergessen schon mal, dass die Alten ihren eigenen Geschmack haben und dass der auch sein Recht hat. Schließlich haben die Alten früher auch was geleistet und geschafft und tun das im Alter zum großen Teil immer noch. Ohne die Alten, ohne Oma und Opa würde machen Familie überhaupt nicht funktionieren.
Und ohne die weisen Worte der Alten würden die Jungen so manchen Fehler im Leben machen.

Als ich wieder nach Hause gehe vom Gespräch mit Frau Müller, treffe ich Herrn Hinderer, auch er einer von den Alten. Er sagt: „Ich wäre ja gerne dabei gewesen, als Sie bei uns im Gottesdienst vorgestellt worden sind, aber da war ich krank. Ich hab aber gehört, dass es sehr voll gewesen ist, sehr schön. Aber ich sag ihnen eins: Gewöhnen Sie sich nicht daran, dass so viele in die Kirche kommen. Hier kommen einfach wenig Leute sonntags in die Kirche! Ich sag das nur, damit Sie nicht denken, das liegt an ihnen!“

Wow, denke ich, was für ein fürsorglicher Mann. Und wie einfühlsam. Für mich sind seine Worte bis heute ein wahrer Segen. Und ich bin dankbar dafür, dass es so alte Herren wie ihn gibt. Und da singe ich dann auch gerne die alten Lieder mit. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23894
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