SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Es gibt Wahrzeichen, die stehen für etwas Ganzes. Für eine Stadt. Für ein Lebensgefühl. Für einen Menschen. Für mich steht der Esel – für Jesus. So als wäre der Esel seine Entsprechung – in Tiergestalt.
Wo immer ich so ein Tier sehe – ich komme nicht umhin auch an den zu denken, der auf einem Esel nach Jerusalem geritten ist. Ich weiß längst – Esel sind nicht nur gut zu haben.  Sie sind störrisch – und können ultralaut werden.

Doch ganz unabhängig von allem, was ich biologisch über Esel wissen kann – ich habe ein Idealbild vom Esel in mir – und das lässt mich nicht los: Der Esel – mit den großen Ohren und den großen Augen, dem so sanften, fragenden Blick. Der Graue eben – der schon Maria auf der Flucht nach Ägypten getragen haben soll – mit dem neugeborenen Jesus.  So wie ihn viele Maler ins Bild gesetzt haben.

Und in diesem Eselideal steckt noch mehr. Da steckt so etwas wie eine soziale und eine geistige Botschaft drin.Der Esel ist ein Sinnbild für den Weg und die Botschaft Jesu. Im Wort des Propheten Sacharja verschmelzen beide: „Siehe, dein König kommt ... und reitet auf einem Esel.“

Ein Reiterkönig – aber sehr anders als wir sie von Bahnhofsvorplätzen und vor Schlössern kennen: thronend auf Schlachtrössern, einschüchternd, mächtig, übermächtig. Der Esel ist ein Antipode zum Schlachtross: ungepanzert – in keine Schlachtordnung zu bringen. Ein Esel macht keine Angst.

Der Evangelist Matthäus fügt dem Wort aus Sacharja noch ein Kennzeichen hinzu: Jesus  kommt „sanftmütig“. Im Wort „Sanft-Mut“ steckt für mein Empfinden sein Wesenskern. Und zu dem Sanftmütigen, der zu sich selber und zu Anderen sanftmütig ist, passt der Esel.

In einer Zeit, in der Regierende in der Welt die Muskel spielen lassen – aufrüsten und mit ihren Waffenarsenalen drohen – da ist mir das ein heiliges Gut: Den anderen Weg, die andere Möglichkeit Mensch zu sein und zu regieren - vor Augen zu haben. 

Und Gott überlässt denen, die Jesus Gewalt antun, nicht das letzte Wort. So beginnt neues Leben, so eine andere Welt. Dafür steht der Mann und sein Esel.  Ich möchte, dass dieses Bild von Gewaltverzicht in der Politik auch öffentlich wird.  Darum schnitzt momentan bei mir ein junger Mann einen Holzesel.  Lebensgroß. Den will ich vor Ostern vor unsere Kirche stellen.
Und hoffe: Kinder und Erwachsene spüren, dieses Tier steht für den, der wirklichen Frieden bringen will.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23862
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