SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Am Abend eines langen Tages kann das Leben für einen Menschen ganz anders aussehen. Ich habe daran denken müssen, als wir kürzlich auf dem Weg zur Arbeit an einer Unfallstelle vorbeigekommen sind. Mehrere Autos waren ineinander gefahren und sie sahen alle ziemlich demoliert aus. Es hat wohl Gott sei Dank nur leicht Verletzte gegeben.
Ich denke lieber nicht an die unvorstellbar schlimmen Dinge, die sich im Laufe eines Tages ereignen können. Trotzdem halte ich morgens beim Aufstehen, hin und wieder bewusst inne und hoffe und bete, dass es ein guter Tag wird.
Es gibt Abende, da denke ich, dass ich heute Morgen nicht mal geahnt habe, was sich so alles ereignen wird. Dann muss ich den Tag erstmal in Ruhe Revue passieren lassen. Alles überdenken. Sicher kennen Sie solche Abende auch. Da hat man plötzlich eine Entscheidung treffen müssen und ist sich jetzt am Abend nicht mehr sicher, ob es so richtig ist. Ein andermal gerät man mit einem Menschen in Streit in einer Sache. Dabei schien alles so klar und harmonisch. Es gibt Neuigkeiten, die man so nicht erwartet hat, gute, freudige und auch belastende. Das muss man erstmal verarbeiten: Inwiefern betreffen sie mich persönlich, was ändert sich dadurch für mich. Wie gehe ich damit um. Wie geht es weiter? Wo und wie kann ich helfen? Die Gedanken kreisen in meinem Kopf.

So ist das Leben, es ist ständig in Bewegung, nichts bleibt wie es ist. Mir fällt dazu ein Song von Herbert Grönemeyer aus den 90ern ein. „Es bleibt alles anders“ ist der Titel“ – paradox, aber er formuliert kurz und genau, was ich oft gedacht habe, wenn Veränderungen anstanden. Wenn ich mir schon ausgemalt habe, wie das Leben weitergehen könnte – nicht nur meines, auch das anderer, die mir nahestehen, für die ich mich in gewisser Weise verantwortlich fühle. Vieles verändert sich, ob ich will oder nicht.

Dann aber gibt es auch vieles, das bleibt. Feste Größen im Leben. Die bleiben mir, auf die kann ich mich verlassen. Es sind vor allem die Menschen an meiner Seite, die bleiben. Die sich mit mir freuen und die da sind, wenn mir manchmal alles zu viel ist - am Abend eines langen Tages. Und noch etwas, das mir persönlich bleibt, ist mein Gottvertrauen. Mein Vertrauen darauf, dass mit Gottes Hilfe alles gut werden kann. Das mir hilft, meine Gedanken zu ordnen. Ruhig zu werden. Ich denke dann oft: Herr bleibe bei mir, denn es will Abend werden.

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