SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Im Grunde beginnt für mich das neue Jahr erst Mitte März so richtig. Wenn die Tage wieder länger werden, es nicht mehr so kalt ist und wenn sich im Garten das erste zarte Grün zeigt. Dann bin ich voller Tatendrang, dann will ich Verschiedenes neu gestalten in Haus und Garten. Dann trenne ich mich auch viel leichter von Sachen, die ich schon lange nicht mehr brauche, Kleidung oder Hausrat. Dann habe ich Lust Neues anzuschaffen und Urlaubspläne kann ich erst dann so richtig ins Auge fassen.
Genau in diese Zeit, in der ich so in Aufbruchsstimmung komme, fällt auch die Fastenzeit. Von Aschermittwoch bis Ostern reicht sie. Viele Menschen nutzen sie, um in ihrem Leben mal aufzuräumen, zu schauen, was sich verändern lässt - zum Besseren. Da geht es einerseits viel um Verzicht: auf Essen oder Alkohol. Aber die Fastenzeit ist auch eine gute Gelegenheit, mal generell auf mein Leben zu schauen. Einige meiner Gewohnheiten unter die Lupe zu nehmen. Mich mal etwas genauer zu beobachten. Ganz im ursprünglichen Sinn des Wortes „fasten“.
Denn „fasten kommt aus dem Gotischen, einer alten germanischen Sprache und bedeutet da „beobachten“. Diese Art von Selbstbeobachtung vor Ostern, gab es schon im 4. Jahrhundert. Erst sehr viel später ist „Fasten“ zum wichtigen Begriff für Enthaltsamkeit auch bei den Christen geworden. Im Mittelalter wurden dann Fastenregeln aufgestellt, Diese Regeln legten fest, grundsätzlich alles zu meiden, was satt und träge macht, was immer das sein mag, das können durchaus bestimmte Gewohnheiten sein. Das sollte den Menschen bewusst schwerfallen. Trotzdem waren Fastenübungen nicht als Bestrafung oder Selbstquälerei zu verstehen. Die Menschen sollten sich besinnen, innehalten.
Ich meine, das tut bis heute gut. Wenn ich mich also mal eine bestimmte Zeit beobachte, dann kann ich erkennen, was gut ist in meinem Leben, aber auch – und das ist genau so wichtig, was nicht so gut läuft. Welche Abhängigkeiten habe ich? Blockieren sie mich? Verbringe ich mit manchen Dingen mehr Zeit als gut für mich ist und auch für mein Zusammensein mit den Menschen, die mir etwas bedeuten?
Gut ist auch, wenn ich meine körperliche Verfassung mal etwas genauer beobachte. Habe ich mich verändert, was fällt mir vielleicht schwerer als noch vor einiger Zeit, kann ich was dagegen tun, vielleicht bisschen Sport treiben… Dann kann ich hoffentlich entspannt dem Frühling und Sommer entgegengehen. Endlich mal wieder eine ausgedehnte Wanderung auf der Schwäbischen Alb machen, weil ich da so gut abschalten kann. Vielleicht mit Freunden, zu denen, der Kontakt immer weniger geworden ist. Ich möchte in der Fastenzeit einfach mal wieder ausloten, was mir wirklich wichtig im Leben ist. Und mir künftig dafür mehr Zeit nehmen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23790
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