SWR2 Wort zum Tag

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Der Aschermittwoch hat mich schon als Kind fasziniert. Obwohl er in der evangelischen Welt meiner Kindheit als katholischer Feiertag eigentlich keine besondere Rolle gespielt hat. Aber einige meiner Klassenkameraden sind an diesem Tag immer erst später zum Unterricht gekommen. Sie waren vorher in einem Aschermittwochsgottesdienst. Auf ihrer Stirn konnte ich dann ein Kreuz aus Asche erkennen. Ich habe das Zeichen damals als irgendwie geheimnisvoll empfunden.

„Asche auf mein Haupt“ sagen manche Menschen, wenn sie sich für etwas entschuldigen, das sie falsch gemacht haben. Die Asche erinnert daran, dass wir Menschen Fehler machen und dass wir vergänglich sind. Wenn ich weiß, dass am Ende einmal nur Staub und Asche von mir übrig bleiben, nehme ich mich nicht mehr ganz so wichtig. 

Daran werden Menschen erinnert, wenn sie sich am Aschermittwoch ein Kreuz aus Asche auf die Stirn zeichnen lassen. Dieses Kreuz soll sie auf eine neue Zeit hin ausrichten. Mit anderen Worten: Ich kann mitten im Leben umkehren.

Manchmal beneide ich die katholischen Christen um dieses Zeichen. Natürlich kann ich mir auch ohne dieses Kreuz aus Asche vornehmen, die kommenden Wochen bis Ostern als eine besondere Zeit zu gestalten – nämlich so, dass ich versuche, manches einfach etwas anders zu machen als sonst. Indem ich nicht immer so reagiere, wie alle es von mir erwarten, weil ich das Leben noch intensiver spüren will als sonst. 

Darum bin ich froh, dass es solche Tage wie den Aschermittwoch gibt. Mit dem Aschermittwoch beginnt jedes Jahr eine neue Zeit. Eine Zeit, die meinem Leben Tiefe und Sinn verleihen und mich auch auf Gott hin ausrichten kann. Übrigens, schon seit es den Aschermittwoch gibt, sind die Sonntage von den Tagen des Verzichtens ausgenommen. Die Sonntage nehmen so das Fest des neuen Lebens an Ostern vorweg. Das könnten sie ja auch einmal probieren. Jedem Sonntag bis Ostern einen unverwechselbaren Glanz verleihen. Geht es unter der Woche beim Andersmachen um das Thema „weniger“, um Einschränkungen, ja auch um das Thema des Leidens, wird am Sonntag der „Mehrwert des Lebens“ gefeiert. Mit einer besonderen Geste der Zuwendung. Mit einer ausdrücklich gesuchten Begegnung. Heute ist Aschermittwoch. Zeit also, in diese besonderen Wochen aufzubrechen - mit oder ohne Aschekreuz auf der Stirn.

 
https://www.kirche-im-swr.de/?m=23779
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