SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Es gibt tröstliche Worte, die vergisst man hoffentlich nie. Das war bei mir so in einer Zeit, in der irgendwie alles aus dem Gleichgewicht geriet: die Arbeit, die Stimmung und mit ihr das Eheleben. Dabei war ich dauernd erkältet - und dann habe ich auch noch sonntagmorgens direkt nach dem Gottesdienst auf fast leerer Straße unser Auto schrottreif gefahren. Es sind ja nicht immer bloß die großen Tragödien, die einen fertig machen, manchmal sind es die vielen kleinen unguten Erlebnisse, die sich häufen und das düstere Gefühl erzeugen: Das geht jetzt ewig so weiter. Kein Lichtblick, nirgends. Das tröstlichste Wort, das ich in dieser Phase gehört habe - es war von der Pfarramtssekretärin - lautete schlicht und einfach: „Ach, Frau Hecker, es kommen auch wieder andere Tage.“  Seltsam, wie man genau das übersehen kann: die Lebenserfahrung spricht dagegen, dass es nun „immer so weiter“ geht. Man steckt fest im Trüben, und glaubt einfach, es sei unmöglich, dass es sich jemals wieder über einem aufhellt. Aber die Angst vor solch einer Dauerfinsternis rechnet nicht damit, dass auch trübe Zeiten vergehen. Und genau davon handelt Theodor  Fontanes Gedicht „Trost“

Tröste dich, die Stunden eilen
Und was all dich drücken mag,
Auch das Schlimmste kann nicht weilen,
Und es kommt ein anderer Tag.

In dem ewgen Kommen, Schwinden,
Wie der Schmerz liegt auch das Glück,
Auch die heitern Bilder finden
Ihren Weg zu dir zurück.

Harre, hoffe. Nicht vergebens
Zählest du der Stunde Schlag,
Wechsel ist das Los des Leben
Und – es kommt ein andrer Tag.

Der Gedanke an die Vergänglichkeit ist beides: traurig und tröstlich. Traurig, denn immer wieder erleben wir ja, wie sehr es stimmt, was schon in der Bibel steht: dass der Mensch ist wie eine Blume, die wächst, blüht – und verwelkt; dass er ist wie ein Rauch, der aufsteigt und verweht. Aber dass die Zeit vergeht ist eben auch ein großer Trost. Endlich ist nicht nur alles was schön und angenehm ist, auch der Rest bleibt vergänglich, und tröstlich ist, dass die Zeiger der Uhren nicht stehen bleiben. „Harre, hoffe, nicht vergebens, zählest du der Stunde Schlag“ - der andere Tag, der danach kommt,  kann auch ein besserer sein.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23764
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