SWR2 Wort zum Tag

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Zweifeln gehört zum Glauben. Abraham hat gezweifelt, Hiob hat gezweifelt, Petrus hat gezweifelt. Und vor ein paar Tagen hat mich der tiefe Zweifel erwischt. Ich stand am Bett einer jungen Studentin. Die starb. Das war kein Unfall, kein Leichtsinn gewesen,  das war eine kurze, schwere Krankheit.  Und wie ich da an dem Bett der jungen Frau stand, die so begabt, so hübsch, und sympathisch war, und die noch so gerne gelebt hätte, aber  jetzt einfach starb, ohne, dass man es hindern konnte, da hatte ich das Gefühl: Das hält mein Glaube nicht mehr aus. Da habe ich mich gefühlt wie Petrus, der im festen Glauben ein paar Schritte auf dem Wasser wandelt aber dann doch zweifelt und einsinkt .   

Die Bibel erzählt: Es ist Nacht. Die Jünger sitzen in einem Boot. Starker Wind kommt auf. Sie bekommen Angst. Aber da hören sie Jesu Stimme: Keine Angst, fürchtet euch nicht. Und sie sehen, dass er ihnen auf dem Wasser nähert. Petrus aber ist sich da nicht sicher. „Bist du es wirklich, dann befiehl mir, dass ich dir auf dem Wasser entgegenkomme“, sagt er. Wenn du das kannst, so auf dem Wasser laufen wie auf dem Parkett, dann kann ich es auch, Petrus klettert über den Bootsrand.  Aber Glauben bleibt immer ein riskantes Unternehmen. Auf dem Wasser genauso wie im Krankenhaus. Auch da bläst manchmal ein so heftiger Gegenwind, der einen zweifeln und denken lässt: Das kann überhaupt nicht funktionieren. Und dann sieht man auf einmal wie hoch die Wellen und wie stark der Tod ist– und sinkt ein. „Herr, hilf mir!“ ruft Petrus noch. Aber da hat Jesus ihn schon bei der Hand genommen und sagt zu ihm: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“

Ja, warum hat Petrus gezweifelt? Die Antwort: weil er doch ein ganz normaler Mensch ist. Ein normaler Mensch mit einem gesunden Menschenverstand, und der sagt ihm, dass so etwas wie auf dem Wasser gehen nie und nimmer funktionieren kann. Dass er glaubt – aber eben doch nicht genug. Der Zweifel zieht ihm den „Boden“ unter den Füßen weg und er geht unter. Aber Jesus sagt zu Petrus nicht: Wer an mir zweifelt, der mag untergehen.  Er sagt liebevoll: „Du Kleingläubiger“ – und reicht ihm, dem Kleingläubigen, die Hand.

Glauben ist dieses gegen alle Vernunft „Auf dem Wasser Gehen Wollen“ – und darum mit der Möglichkeit behaftet, dabei einzusinken. Muss man sich genieren, wenn man angesichts des Todes denkt und spürt: Jetzt trägt nichts mehr, kein Glaube, keine Hoffnung? Der Zweifel bedeutete auch für Petrus nicht das Ende des Glaubens, sondern der Beginn der Einsicht: Ich bin bestenfalls ein „Kleingläubiger“, dem die Hand gereicht wird.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23763
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