SWR3 Gedanken

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Oskar, so hieß mein Kuschelaffe, den ich als Kind immer bei mir hatte. Ich habe mit ihm Freud und Leid und das Bett geteilt. Und irgendwann hat er ziemlich verbeult und abgewetzt ausgesehen. Aber egal, es war mein Oskar, und er hat mich getröstet und zum Lachen gebracht. Und oft habe ich mir gewünscht, dass er mal aus seiner Kuscheltier-Starre erwacht. Dass er mir mal kurz zuzwinkert, irgendeinen Blödsinn mit mir anstellt oder mit mir spielt. 

Mein kleiner Sohn ist vor kurzem mit einer interessanten Theorie aus dem Kindergarten heimgekommen. Total abwegig zwar, aber interessant: alle Kuscheltiere können sich eigentlich ganz normal bewegen. Nur erstarren sie - kurz bevor sie der Blick eines Menschen trifft. Und kaum schaut man wieder weg, geht das Leben mit ihnen weiter. Dann lachen sie zusammen, verstecken Dinge oder treffen sich irgendwo unterm Bett. Wer weiß, wo sich mein Affe Oskar nach dieser Theorie in all den Jahren schon überall rumgetrieben hat. Ehrlich gesagt habe ich ihn nämlich etwas aus den Augen verloren. 

Die Kuscheltier-Theorie hat mich zum Nachdenken gebracht. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie auch ich ein anderer werde, wenn mich jemand anschaut. Ich werde plötzlich korrekt oder cool oder einfach anders, als ich es eigentlich bin. Und manchmal – wenn besonders viel von mir erwartet wird – dann kann es sein, dass ich sogar erstarre unter dem Blick des anderen - genau wie all die Kuscheltiere und mein Affe Oskar. Und dann denke ich nur noch: Warum kann ich nicht einfach so sein, wie ich wirklich bin?

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